
Madonnas Sohn malt : Kinderbilder
- -Aktualisiert am
Fragende Blicke: Rhed, „Madame Bicyclette“, Mischtechnik auf Leinwand, 219 mal 183 Zentimeter, Preis auf Anfrage bei der Galerie Tanya Baxter Contemporary Bild: Tanya Baxter Contemporary
Rocco Ritchie, der älteste Sohn von Madonna, wird als Maler hinter dem Pseudonym Rhed geoutet, und die Aufregung ist groß. Warum eigentlich?
I love you baby, but face it, she’s Madonna“ sang Robbie Williams einst mit den Pet Shop Boys: Ich liebe dich, Baby, aber sieh es ein, sie ist Madonna. Der Song war, hieß es, inspiriert von der Ex-Freundin Guy Ritchies, die Williams anvertraut habe, wie der britische Regisseur sie abservierte – eben für Madonna.
Das Ergebnis der so anmoderierten Liaison ist inzwischen 21 Jahre alt, heißt Rocco Ritchie und hat seine eigenen Probleme mit „sie ist Madonna“: als Sohn der Queen of Pop. Kinder von Megastars aus dem Kunst- und Unterhaltungsbetrieb haben es bekanntlich schwer, ist es doch praktisch unmöglich, die Altvorderen zu übertreffen, namentlich im gleichen Business – siehe Julian Lennon. In anderen Branchen kann man eher reüssieren – siehe Stella McCartney. Letzteres scheint Rocco Ritchie im Sinn zu haben, der mangels ähnlicher Optik oder Passionen nicht für eine Karriere in Mamas Fußstapfen in Frage kommt wie etwa Kaia Gerber (Tochter und Doppelgängerin von Cindy Crawford).
Auf der Suche
Rocco Ritchie singt nicht und dreht keine Filme, er malt, bis vor kurzem mehr oder weniger unerkannt, unter dem Pseudonym Rhed. Dann enttarnte ihn das Promimagazin „Page Six“ als Künstler, der mit neoexpressiven figurativen Gemälden bei der renommierten Londoner Galerie Tanya Baxter Contemporary vertreten ist, dort 2018 eine erste Solo-Schau hatte und auf der Plattform Artsy für immerhin bis zu 24 000 Pfund gehandelt wird. Da wären etwa zwei Arbeiten mit Figuren in kastenförmigen Räumen, die wohl von Francis Bacon inspiriert sind, aber ziemlich klobig wirken. Daneben gibt es an naive amerikanische Malerei Erinnerndes wie „Two Pink Men“. Oder eine bedrückende Interieurszene „Madame Bicyclette“. Oder drei krankenhausflurgrüne Akte vor rotem Etwas, die ein Kirchner-Hodler-Newton-Crossover andeuten.
Junger Künstler, offensichtlich kein Wunderkind, auf der Suche, sagt dieses Portfolio. Und es ist reichlich übertrieben, was sich alles darum gruppiert. Als „neuer Basquiat“ bringt die Galerie Rhed ins Spiel und trägt absurd dick auf. Überzogen ist aber auch, wie Jonathan Jones, Kunstkritiker des „Guardian“, Rhed niederschreibt: „täppische jugendliche Versuche ohne jede Originalität“. Die Kritikerinnen Gabrielle de la Puente und Zarina Muhammad konstatieren: Sieht aus, als hätte eine schlechte KI nach Vorlagen der Moderne rumgemurkst. So sei das eben, wenn ein verdächtig erfolgreicher Künstler sich als Kind reicher Eltern entpuppt: überbewertet.
Aber was soll der arme Junge tun? „Face it, she’s Madonna“, ob er Bemerkenswertes schafft, was noch kommen könnte, oder weiter vor sich hinprobiert, nun nicht nur Insidern namentlich bekannt, und dafür in den Himmel gehoben wird. Geht es auf dem Kunstmarkt nicht oft genug um Promistatus und Hypes? Das Nach-Luft-Schnappen kann man sich sparen. Natürlich hat Rocco Ritchie eine andere Ausgangsposition als ein beliebiger Kunststudent. Kaufen muss niemand seine Arbeiten, sie unreif zu finden ist legitim. Aber das Recht zu malen, wie es ihm gefällt, hat Ritchie nicht weniger als alle anderen.