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Auktionen in München : Zusammen in heiterer Runde

  • -Aktualisiert am

Stimmungsvolle Abendszene bei Neumeister: Lovis Corinth, „Unter dem Kronleuchter“, 1905, Öl auf Leinwand, 94 mal 78 Zentimeter, Taxe 220.000 bis 280.000 Euro Bild: Neumeister

Ein Gemälde von Lovis Corinth steht an der Spitze der kommenden Märzauktionen bei Neumeister in München. Aber auch für Adels-Fans wird wieder einiges aufgeboten.

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          Mit roten Wangen hebt Charlotte Berend-Corinth ihr Glas; dem rauchenden Tischgenossen zugewandt, scheint sie auf den schönen Abend in kleiner Runde anstoßen zu wollen. Den dritten Platz am Tisch nahm offenkundig ihr Ehemann Lovis Corinth ein, dessen Gemälde „Unter dem Kronleuchter“ den Anschein erweckt, als habe er nur kurz Messer und Gabel beiseitegelegt und den Stuhl zurückgeschoben, um einen Moment festzuhalten, der sich dem Malerauge als wahres Lichterfest darbot: Die Kerzenflämmchen des Kronleuchters bringen dessen Metall zum Schimmern, werden vom goldgerahmten Spiegel an der Wand reflektiert und bekommen noch Verstärkung von zwei Armleuchtern. Gläser und Karaffen funkeln, rot glüht darin der Wein, auch die Teller glänzen sowie Frau Charlottes Armschmuck – und die Nase ihres Gegenübers. Es ist Robert Richter, ein Künstlerfreund.

          Wenn Neumeister am 29. und 30. März alte und neue Kunst, Kunsthandwerk, Antiquitäten und Schmuck in knapp tausend Losen aufruft, wird auch die stimmungsvolle Abendszene, die Corinth 1905 malte, mit einer Schätzung von 220.000 bis 280.000 Euro angeboten. Als das Bild bei Neumeister 1991 schon einmal versteigert wurde, saß noch Senior Rudolf Neumeister am Pult. Er hatte 1958 das Auktionshaus Adolf Weinmüller übernommen, das später seinen Namen bekam und seit 2008 von seiner Tochter Katrin Stoll geleitet wird.

          Taxe 60.000 bis 80.000 Euro: Ernst Ludwig Kirchners „Staffelalp“, um 1918, Aquarell, Packpapier, auf Karton aufgezogen, 45 mal 60 Zentimeter Bilderstrecke
          Märzauktionen bei Neumeister : Ein wenig „Krönchenglanz“

          Zum 65. Jubiläum bleibt das Credo des Hauses, ältere Kunstepochen hochzuhalten. Doch ihm wurden Neuerungen zur Seite gestellt: Neben der Programmerweiterung um Nachkriegskunst und Zeitgenossen kamen Themenauktionen zu Design und Vintage-Mode ins Spiel. Statt Katalogen, die jetzt online zur Verfügung stehen, verschickt Neumeister Magazine, die effektvoll Stücke inszenieren und Geschichten erzählen.

          Dafür immer gut sind Objekte aus Adelshäusern. Vermarktet in „Noble Sales“ bekommt noch das bescheidene Konvolut vom Dachboden ein wenig „Krönchenglanz“ ab und jeder, sagt Katrin Stoll, erhalte die Chance, „mit vergleichsweise kleinem Einsatz ein Stück großer Geschichte zu erwerben“. Ob sie dabei an neun Aschenbecher zum Preis von 100 bis 120 Euro denkt? Immerhin stammen die aus herzoglich-württembergischen Besitz. Wie schon für die Sonderauktion „Hidden Treasures“ vor einem Jahr wurde wieder tief in die 60 Kisten gegriffen, in denen man Inventar aus Herzog Ferdinands oberschlesischem Schloss Carlsruhe in den Westen gerettet hatte, bevor es 1945 beim Einmarsch der Roten Armee verbrannte.

          Diesmal zählt eine silberne Prunkterrine mit Présentoire aus dem 19. Jahrhundert (Taxe 40.000 bis 60.000 Euro) zu den Highlights unter Mengen von Silber, Porzellan, Bildern, Koffern, Hüten, Möbeln. Dabei sind auch Stücke aus sächsischem, rheinischem, bayerischem oder badischem Adelsbesitz. Als Marie-Antoinette zu Fürstenberg 1977 Johann Graf von Schönborn-Wiesentheid heiratete, bekam sie von ihrem Vater ein Diadem mit Türkisen und Diamanten, für das nun 45.000 bis 55.000 Euro zu investieren wären. Außerhalb des Adelskapitels, aber seiner durchaus würdig, wirken zwei Möbel des 18. Jahrhunderts von Pierre Roussel: eine Kommode, die Landschafts-Marketerien mit Tempelarchitekturen zeigt (60.000/ 80.000) und eine Chiffonière mit Chinoiserien (30.000/50.000). Beide begleiten Expertisen der Kunsthandlung Röbbig.

          Die Moderne-Partie enthält ein um 1918 angelegtes Aquarell der Staffelalp von Ernst Ludwig Kirchner, der es seinem Arzt Ludwig Spengler schenkte. Auf 60.000 bis 80.000 Euro geschätzt steht es auf gleicher Preisstufe mit Emil Noldes ebenfalls aquarelliertem Blick aufs abendliche Meer mit Dampfer. Auch Gerhard Richter schaute aufs Meer, ein wattiger Wolkenball schwebte darüber, als er die Aufnahme für einen Offsetdruck von 1971 machte (Aufl. 150; 12.000/15.000). Richters Fotografie der Galeristen-Legende Heiner Friedrich liegt als Unikat aus den Siebzigerjahren bei 30.000 bis 35.000 Euro.

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