Altmeisterauktionen in Zürich : Das Leben mit allen Sinnen genießen
- -Aktualisiert am
Bei Koller: Jan Cossiers „Allegorie der fünf Sinne“, um 1640, Öl auf Leinwand, 113 mal 155,5 Zentimeter, Taxe 400.000 bis 600.000 Franken Bild: Koller
Himmlische Andacht, irdisches Vergnügen: Das Auktionshaus Koller in Zürich schmückt seine nächsten Versteigerungen mit einem Altar aus der Cranach-Werkstatt und einer Tafelrunde aus den Niederlanden des Goldenen Zeitalters.
Die elegante Gesellschaft aus fünf Personen sitzt am gedeckten Tisch, im Hintergrund hebt eine Dame im gelben Gewand einen Vorhang beiseite. Jan Cossiers’ Allegorie symbolisiert die fünf Sinne: vom Laute spielenden Mann (Gehörsinn) über die an einer Nelke riechende Dame (Geruchssinn) und die Frau mit dem Weinglas (Geschmackssinn) bis zum Liebespaar in der dunklen Ecke (Tastsinn) und der den Betrachter fixierenden Frau im Hintergrund (Sehsinn). Der flämische Künstler malte das Ölbild um 1640 nach seiner Rückkehr aus Italien, als er in Antwerpen eng mit Peter Paul Rubens zusammenarbeitete. Nun kommt es mit einem Schätzpreis von 400.000 bis 600.000 Franken bei Kollers Auktion Alter Meister am 31. März in Zürich zum Aufruf.
Spitzenwerk der Offerte mit 84 Losen ist ein wiederentdecktes Meisterwerk von Lucas Cranach dem Älteren und seiner Werkstatt. Der Flügelaltar entstand um 1515 und befand sich zuletzt ein halbes Jahrhundert lang in Schweizer Privatbesitz. Das monumentale Werk zeigt im Mittelteil Mariae Verkündigung, auf den Seitentafeln die Heiligen Katharina und Barbara. Außen zieren in eindrücklicher Manier Christus als Schmerzensmann und Maria als Schmerzensmutter das Falttriptychon. Mit seiner leuchtenden Farbigkeit und virtuosen Detailvielfalt ist es eines der letzten erhaltenen Altarwerke der deutschen Renaissance und entstand in der Wittenberger Schaffensphase von Cranach, während der Künstler am kurfürstlichen Hof Friedrich des Weisen tätig war – und soll 800.000 bis 1,2 Millionen Franken einspielen.
Von Willem Claesz Heda kommt ein typisches Stillleben des Goldenen Zeitalters der Niederlande, taxiert auf 400.000 bis 600.000 Franken, unter den Hammer. In einer 1632 entstandenen winterlichen Landschaft hält der niederländische Maler Anthonie Verstraelen fest, wie mondän gekleidete Menschen auf dem zugefrorenen Fluss Schlittschuh laufen (Taxe 80.000 bis 130.000 Franken), während Jacob Grimmer der heißen Jahreszeit sein Rundbild „Allegorie des Sommers“ widmet (70.000/100.000). Im Angesicht des Todes zeigt Matthäus Merian der Jüngere Kleopatra: Als überzeugter Neostoizist malt der Bruder Maria Sibylla Merians die letze ägyptische Königin der Ptolemäer-Dynastie um 1650/60 in beherrschter Ruhe, während die giftige Schlange sich ihren Weg zur Brust bahnt (60.000/80.000).
Das Toplos unter den Angeboten des 19. Jahrhunderts ist Mihály von Munkácsys neu auf den Markt kommende Darstellung zweier Familien mit einer Schätzung von 100.000 bis 150.000 Franken. Es gehört zu Munkácsys „Salonbildern“, an denen der Künstler zwischen 1878 und 1887 arbeitete. Munkácsy platziert zwei Familien in einem bourgeoisen Pariser Interieur, wobei die Sichtlinien Bezüge zwischen den Figuren herstellen und die Aufmerksamkeit des Betrachters lenken. Der ungarische Maler lebte von 1871 an in Paris, wo er stark von Gustave Courbet beeinflusst wurde.
Meisterlich bannt Ivan Fedorovich Choultsé die „Meeresbrandung auf Korsika“ auf Leinwand; das erstmals auf den Auktionsmarkt kommende Seestück entstand auf einer seiner zahlreichen Reisen in den Mittelmeerraum (40.000/60.000). 1920 malte der russische Künstler eine kleine „Winterliche Nachtszene mit Blick aufs Meer“, die 10.000 bis 15.000 Franken einbringen soll. Otto Pilnys gleichfalls marktfrische „Beduinen in der Wüste“ (30.000/ 40.000) zeugen von der lebenslangen Begeisterung des Schweizers für den Orient. 1885 reiste er mit nur 19 Jahren erstmal dorthin und verbrachte zwei Jahre auf der Karawanenstraße zwischen Kairo und Tripolis; 1889 brach er zu einer weiteren mehrjährigen Reise durch Ägypten auf. Mit seinen orientalischen Motiven fand Pilny nicht nur in Europa großen Anklang, sondern auch in den nahöstlichen Ländern – und wurde zum Hofmaler des Vizekönigs von Ägypten Abbas Hylmi II. Pascha ernannt.
Unter den Angeboten mit Alten Zeichnungen überzeugen besonders Federico Zuccaris Blatt „Christus erscheint Maria Magdalena als Gärtner“ (10.000/15.000) und Giovanni Domenico Tiepolos „Gottvater auf Wolken von Engeln getragen“ (8000/12.000). Die Offerte mit Alter Grafik wird von Rembrandts um 1652 entstandener Radierung „Christus lehrend“ (3000/4000) angeführt.