
Klagen gegen Maurizio Cattelan : Wer ist der wahre Schöpfer der Bananenkunst?
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Krummes Ding: Maurizio Cattelans Banane, hier bei der Art Basel 2019, ist nun Teil eines Urheberrechtsprozesses. Bild: EPA
Der Konzeptkünstler Maurizio Cattelan provoziert Urheberrechtsklagen auf beiden Seiten des Atlantiks. Nun soll ein Richter klären: Ist eine Banane an der Wand ein Original oder bloß originell?
Seine Skulpturen sind weltberühmt, ihn selbst kennt kein Mensch: Daniel Druet fabrizierte Wachsfiguren für das Pariser Musée Grévin – und er fertigte im Auftrag des gefeierten Konzeptkünstlers Maurizio Cattelan Figuren für dessen Werke. Zwei Jahrzehnte verlief die Zusammenarbeit zu beider Zufriedenheit. Doch nun beansprucht Druet seinen Anteil an Cattelans Ruhm. In Paris zog er vor Gericht. Die Justiz sollte seine Autorenrechte an acht Skulpturen anerkennen. Dazu verlangte der Wachsbildner sechs Millionen Euro Schadenersatz. Er wird sie nicht bekommen: Die Richter haben ihm eine demütigende Abfuhr erteilt. Zudem muss er den Angeklagten eine Prozessentschädigung von 10.000 Euro zahlen. Deren Anwalt hatte argumentiert: „Ohne Cattelan sind Druets Skulpturen wertlos.“ Geklagt hatte Druet auf Fälschung und Verletzung des Urheberrechts gegen Cattelans Galeristen Emmanuel Perrotin und das Museum La Monnaie. Als es dem Konzeptkünstler eine Retrospektive widmete, wurde Druet gar nicht erwähnt. Von einem „Präzedenzfall“, bei dem es um die Kunstfreiheit gehe, war in einem Aufruf von Künstlern, Galeristen und Intellektuellen in „Le Monde“ die Rede: Sie unterstrichen Cattelans Anspruch mit Prinzipien der Konzeptkunst: Entscheidend sei die Idee.
Wieder einmal, unterstellten sie, werde der Avantgarde von reaktionären Banausen der politische Prozess gemacht. Doch damit nicht genug des juristischen Streits. Zeitgleich mit der Verkündung des Urteils in Paris kam aus Florida die Nachricht, dass eine Klage von Joe Morford gegen Cattelan vor Gericht zugelassen werde. Cattelan hatte 2019 auf der Art Basel Miami Beach drei Bananen mit Klebeband an einer Wand fixiert und das Konzept der Installationen unter dem Namen „Comedian“ zweimal für 120.000 Dollar verkauft, bevor die dritte Frucht verspeist wurde. Morford hält „Comedian“ für ein Plagiat seines Werks „Banana & Orange“ aus dem Jahr 2000. Ob es sich bei einer Banane an der Wand um Kunst handele, wollte der amerikanische Richter Robert N. Scola nicht beurteilen. Das sei wohl eher eine metaphysische Frage. Bei der rechtlichen Beurteilung gibt er sich pragmatisch: Scola ließ die Bananen Cattelans und Morfords anhand von Fotos vermessen, beide sind gelb und „von links nach rechts an einer Wand abgewinkelt“. Das „silberne Klebeband verläuft schräg von links nach rechts oben“.
Noch muss festgestellt werden, welche Elemente einer Installation dem Autorenrecht unterliegen. Morford jedenfalls will den Beweis antreten, „dass Catellans Banane seine Banane verletzt“. Ob es ihm gelingt, hängt auch mit der Verbreitung und Bekanntheit seines Werks zusammen. Urheberrechtlich hat er es vor zwanzig Jahren schützen lassen. In Paris sorgt das drohende Verfahren in Miami für leicht verängstigte Diskussionen und bei Druet für neue Hoffnung. Er geht in Berufung und will nun Cattelan direkt der Urheberrechtsverletzung bezichtigen. Die Figuren sind schließlich von ihm gefertigt – vielleicht erscheint einem pragmatischeren französischen Richter ihre Inszenierung im Raum lediglich als Mehrwert oder Zweitverwertung. Originell, nicht original. Der Präzedenzfall um die Freiheit der Konzeptkunst jedenfalls wird neu aufgerollt.