Man-Ray-Auktion in Paris : Surreale Provenienzfragen
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Starke Ergebnisse bei Christie’s: Alle Lose der Auktion mit Werken aus dem Nachlass des letzten Assistenten von Man Ray wurden verkauft.
Bei seiner Auktion „Man Ray et les surréalistes“ hat Christie’s in Paris sämtliche 188 Lose verkauft, in einem „white glove sale“, wie sich ein solcher Erfolg nennt. Bieter aus 23 Ländern nahmen im Internet, am Telefon und nun auch wieder im Saal daran teil; der Umsatz beläuft sich auf 5,93 Millionen Euro gegenüber einer Gesamtschätzung von 2,5 Millionen. Die Werke, die fast alle von Man Ray selbst stammen, kamen aus der Sammlung von Lucien und Edmonde Treillard. Lucien Treillard war Man Rays letzter Assistent; seine Witwe Edmonde reichte den Bestand ein.

Redakteurin im Feuilleton, verantwortlich für den „Kunstmarkt“.
Gegen die Versteigerung hat der „Man Ray Trust“, wie es heißt, „schwere Bedenken wegen der Provenienz und der Eigentümerschaft an 148 Losen“ erhoben. Den Trust gründete nach Man Rays Tod 1976 dessen Witwe Juliet; nach deren Tod fiel die Stiftung an ihren Bruder Eric Browner, einen Autohausbesitzer auf Long Island. Die Stiftung bewahrt große Teile des Nachlasses und verwaltet zahlreiche Rechte an Werken Man Rays. Dagegen erklärt Christie’s, man habe die Sammlung gemeinsam mit Experten zuvor gründlich untersucht; außerdem seien die meisten Werke bereits öffentlich ausgestellt und publiziert gewesen. Das Haus sieht keine Gründe, die Rechtmäßigkeit der Auktion anzuzweifeln.
Die Bieterfreude war jedenfalls ungetrübt. Zum teuersten Los wurden neun Kontaktabzüge der Serie „Erotique voilée“ von 1933, auf denen Meret Oppenheim nackt am Rad einer Druckerpresse zu sehen ist. Bei einer Schätzung auf 50.000 bis 60.000 fiel der Hammer erst bei 250.000 Euro, mit Aufgeld sind das 312.000 Euro. Die unikate, von Man Ray mit Tinte beschriftete Rayographie „Les doigts d’amour de Man Ray“ von 1951 erreichte 150.000 Euro (Taxe 50.000/70.000). Für den zerfließenden Akt „Primat de la matière sur la pensée“ von 1931/32, in einem solarisierten Silbergelatineabzug, um 1950, versehen mit roten Markierungen Man Rays, erging der Zuschlag bei 60.000 Euro (30.000/40.000). Ein Exemplar des berühmten Metronoms „Perpetual Motif“, mit dem Foto von Lee Millers Auge auf dem Pendel, stieg auf 85 000 Euro (25.000/30.000), und eine kuriose, 1918 entworfene und 42,6 Zentimeter hohe Bronzeskulptur „By Itself I“ kam auf 48 000 Euro (10.000/15.000).
Erwartungsgemäß starkes Interesse fanden Fotografien, die Man Ray von seinem Künstlerfreund Marcel Duchamp machte: Dessen Hinterkopf mit der Tonsur in Form eines Sterns von 1921, als Abzug nach 1950, erforderte den Einsatz von 18.000 Euro (2000/3000), das Foto des Parfumflacons „Belle Haleine Eau de Voilette“ tatsächlich von 35.000 Euro (2000/3000). Ein Silbergelatineabzug mit Duchamps Travestie-Porträt als „Rrose Sélavy“ von ebenfalls 1921 stieg auf 55.000 Euro (20.000/30.000). Das mit 200.000 bis 300.000 Euro höchsttaxierte Los kam von Duchamp selbst: Die museale Schachtel mit 68 Miniaturreproduktionen seiner Werke, „De ou par Marcel Duchamp ou Rrose Sélavy“, 1963 in einer Edition von dreißig produziert, erfüllte die Erwartung mit 220.000 Euro.
Die Auseinandersetzung mit dem „Man Ray Trust“, von der das letztgenannte Werk nicht betroffen ist, scheint indessen derzeit noch nicht beigelegt zu sein.