Spaniens Kunstmarkt : Mit Kriegerin an die Spitze
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María Blanchard, „Bodegón cubista“, 1917, Öl auf Leinwand, 70 mal 41,5 Zentimeter, Zuschlag 220.000 Euro (190.000 Euro) bei Ansorena. Bild: Ansorena
Die Auktionshäuser in Spanien können sich im Krisenjahr 2020 mit gewohnter Routine behaupten. Es gab auch einige unerwartete Überraschungen.
Keinen Grund zum Jammern im kummervollen 2020 hatten in Spanien die Auktionshäuser. Der Markt funktionierte fast wie gewohnt, ohne Millionenpreise, mit bewährten Künstlern und der einen oder anderen Überraschung. Die Häuser haben ihre Internet-Präsenz ausgebaut und bei den Live-Versteigerungen attraktive Werke angeboten; das 20. Jahrhundert und die Alte Kunst halten sich bei den teuersten Losen die Waage, die fast alle in Madrid oder Barcelona zugeschlagen wurden. Das Spitzenlos schlug allerdings Darley Arts zu, eine Firma in Valencia, die online versteigert und im Februar 2020 ihre erste Präsenzauktion ausrichtete: Das kleine Ölbild von Lin Fengmian, „Female Warrior of the Yangs“ von 1961 aus der Serie „Chinese Opera“, hoben mehrere Bieter von taxierten 280.000 auf 700.000 Euro an.
Zwei unerwartete Bietgefechte sorgten im Juni und im Dezember für echte Spannung. Eine „Lucrecia“ vom Meister der weiblichen Halbfiguren aus dem 16. Jahrhundert kam im Madrider Haus Durán für 4000 Euro zum Aufruf. Da die Identität dieses flämischen Renaissancemalers noch immer ungeklärt ist, bemühten sich zahlreiche Bieter um das vermeintliche Schnäppchen; das Gefecht endete erst bei 250.000 Euro. Ähnliches geschah bei Alcalá in Madrid mit einem Gemälde aus mexikanischer Schule, datiert auf das 18. Jahrhundert: Um „Nuestra Señora de Aránzazu“, die Schutzpatronin der baskischen Provinz Guipúzcoa, deren Verehrung die Franziskanermönche bis nach Mexiko exportierten, stritten sich zwei Bieter, bis der Hammer endlich bei 250.000 Euro fiel, gegenüber einer Taxe von 4500 Euro.
Durán gehörte 2020 zu den erfolgreichsten Häusern. Gleich im Januar erzielten dort Werke von Hernández Mompó und Eduardo Chillida 150.000 und 140.000 Euro (Taxe je 35.000). Mompós Mischtechnik „Offenes Haus auf dem Land“ stellt einen Auktionsrekord für den Künstler aus Valencia dar. Bei Alcalá wurde im Dezember in einer Auktion mit Kolonialkunst zudem ein „Heiliger Josef mit Jesuskind“ aus mexikanischer Schule vermittelt: Die Tafel mit Perlmutt-Intarsien entstand an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert wurde bis auf 150.000 Euro (80.000) angehoben. Mit einem „Kubistischen Stillleben“ von María Blanchard punktete das Haus Ansorena in Madrid; die Komposition aus dem Jahr 1917 war einem Liebhaber 220.000 Euro wert (190.000).
Die Firma Abalarte, ebenfalls in Madrid, schaffte es im Oktober mit sieben religiösen Entwürfen von Mariano Salvador Maella, dem Hofmaler und Schwager von Francisco de Goya, in die Sitzgruppe. Der spanische Staat belegte Maellas Entwürfe zur Ausschmückung verschiedener königlicher Gemächer nachträglich mit Exportverbot, hatte sich zuvor aber selbst nicht darum bemüht. Deshalb wurde das Konvolut, dessen Hammerpreis zusammen 184.000 Euro (172.000) betrug, an verschiedene Sammler verstreut. Am lange Zeit als verschollen gegoltenen Gemälde „Ornato en la Puerta de Guadalajara“ von Lorenzo Quirós aus dem Jahr 1760 war der spanische Staat hingegen sehr wohl interessiert, konnte sich im Oktober im Madrider Haus Segre jedoch gegen die kaufkräftigen Konkurrenten nicht durchsetzen. Ein Telefonbieter erhielt den Zuschlag für das repräsentative Bild vom Einzug des Königs Carlos III. in Madrid, für den die Stadt mit festlichen Kulissen geschmückt war, bei 150.000 Euro (30.000). Außer Landes bringen darf der neue Besitzer es allerdings nicht; der Staat verhängte auch dafür ein Exportverbot.
Mit dem schemenhaften Ölbild „Alcazar de Sevilla“ von 1968 brachte das Auktionshaus Segre, ebenfalls in Madrid, den stets begehrten Fernando Zóbel auf die Liste der Top Ten Spaniens, als ein Bieter bei 160.000 Euro (70.000) seine Konkurrenten ausstach. Die Firma Fernando Durán, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Haus Durán, reiht sich mit einer Mischtechnik des Zeitgenossen Juan Uslé ein: Für dessen „Soñé que revelabas XIX“ von 2004 wurden dort im Juli 2020 stolze 140.000 Euro (65.000) bewilligt. Den würdigen Abschluss der Toplose bildet bei Fernando Durán ein Landschaftsbild des beliebten Joaquín Sorolla: „La Selva. Jardines de la Granja de San Ildefonso“ von 1907 erzielte im Dezember 140.000 Euro (125.000). Und damit stimmt auch im Corona-Jahr die Bilanz, denn es vergeht kaum ein Jahr, in dem Sorollas Gemälde nicht ihren Platz unter den teuersten Losen Spaniens einnehmen.