Ruth Bader Ginsburgs Nachlass : Oma als Lady Liberty
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Die Obertaxe von 150 Dollar ist Tage vor Auktionsende schon um das Fünfzigfache überboten: Eleanor Davis, „Ruth Bader Ginsburg“, 2015, Gicléedruck, 46,36 mal 30,48 Zentimeter Bild: The Potomack Company
Nach ihrer Bibliothek wird nun auch die Kunstsammlung der verstorbenen Supreme-Court-Richterin Ruth Bader versteigert und fördert rührend Persönliches zutage.
Ihr Tod zur Unzeit in den letzten Tagen der Trump-Administration festigte ihren Status als Symbolfigur des politisch liberalen Amerika nur weiter: Als Richterin am Supreme Court stand Ruth Bader Ginsburg, die wiederkehrenden Krebsleiden zum Trotz 87 Jahre alt wurde, bis zuletzt für die Werte ein, die ihre berufliche Laufbahn prägten – namentlich die Gleichberechtigung aller, unabhängig von ihrem Geschlecht. Als feministische Ikone ging „RBG“ in die Popkultur ein, tough, gewitzt, unbestechlich und mit unverwechselbarem Stil: ein Star. Entsprechend groß war das Interesse an ihrer nachgelassenen Bibliothek, die bei Bonhams versteigert wurde. 2,3 Millionen Dollar setzte das Auktionshaus bei der Versteigerung der rund tausend juristischen und literarischen Bände um.
Das Auktionshaus The Potomack Company bringt nun die – ungleich bescheidenere – Kunstsammlung der 2020 gestorbenen Richterin zugunsten der Washington National Opera zum Aufruf. In zwei Onlineauktionen, die am 27. und 28. April enden, stehen Kunstwerke, Einrichtungsobjekte und Memorabilia zum Verkauf. Der Reiz der 162 Lose liegt in dem, was sie über die vormalige Besitzerin verraten: etwa dass sie Picasso liebte, ein kindliches Porträt ihrer selbst von ihrem Enkel in Ehren hielt und ein Faible für ethnographisches Kunsthandwerk hatte.
Drei Keramiken und eine Zeichnung Pablo Picassos gehören zu dem Konvolut, darunter eine in einer Edition von 125 gefertigte Terrakotta-Kanne aus dem Jahr 1953 (Taxe 5000 bis 7000 Dollar). Von Josef Albers steht ein abstrakter Siebdruck „Red Orange Wall“ von 1970 zum Verkauf (600/800); von der amerikanischen Bildhauerin Glenna Goodacre, die das Vietnam Women’s Memorial in Washington entworfen hat, liebliche Kleinplastiken (200/5000).
Ihre Taxen in den laufenden Auktionen schon um ein Vielfaches übertroffen haben indes zwei Bildnisse Ruth Bader Ginsburgs. Auf einen farbenfrohen Druck Eleanor Davis’ von 2015, der die Richterin mit einem ihrer typischen Statement-Kragen über der Robe zeigt, wird Tage vor dem Auktionsende im oberen vierstelligen Bereich geboten; geschätzt war es auf 100 bis 150 Dollar. Gleiches gilt für die laminierte Zeichnung „Bubbie of Liberty“, mit der Paul Spera als Junge seine Großmutter in Anlehnung an die Freiheitsstatue porträtierte. Es ist das rührend naive Bildnis einer Superheldin des Rechtsstaats.