New Yorker Abendauktionen : Selbst Top-Bieter kalkulieren jetzt kühl
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Bei Sotheby’s vorab geschätzt auf 18 bis 25 Millionen Dollar, zugeschlagen bei 20,5 Millionen: Gerhard Richters Bild „4096 Farben“ aus dem Jahr 1974 Bild: Sotheby's
Die Zeiten weiterer Überhitzung an der Spitze des Kunstmarkts scheinen vorbei zu sein: Bei den New Yorker Abendauktionen moderner und zeitgenössischer Kunst fallen zwar Rekorde, insgesamt aber ist Zurückhaltung angesagt.
Die Abkühlung einiger Marktsegmente, die sich schon bei den Frühjahrsauktionen in London beobachten ließ, setzte sich diese Woche in New York fort. Spitzenwerke um die hundert Millionen Dollar fehlten. Neue Künstlerrekorde und starke Preise für rares, marktfrisches oder noch unterbewertetes Material konnten trotzdem vermeldet werden. Die Verkaufsraten blieben hoch, und das nicht nur weil Lose mit wenig Erfolgsaussichten zurückgezogen wurden: Einlieferer waren bereit, ihre Erwartungen herunterzuschrauben. Anstelle von Rückgängen gab es daher mehrfach Zuschläge deutlich unter den ausgehandelten Taxen – besonders für die großen Männer des Abstrakten Expressionismus.
Bei Christie’s wurde de Koonings buntes „East Hampton III“ (Taxe sechs bis acht Millionen Dollar) aus der Fineberg Collection bei drei Millionen Dollar zugeschlagen und „Untitled“ (8/12 Millionen) mit roten und blauen Farbbändern aus dem Jahr 1983 schon bei 4,35 Millionen. Rarität wurde belohnt: Seine frühe schwarz-weiße-Arbeit aus dem Jahr 1947 mit Newhouse-Provenienz, „Orestes“, übertraf mit 26,5 Millionen Dollar die Erwartung von 25 Millionen. Bei jüngeren Künstlern sind Sammler wählerisch: Preis und Motiv sollen stimmen, das Werk muss gefallen – nicht nur der Name. Bei Christie’s blieb Jungstar Lucien Nguyens „Kill Bill: Volume 3“ (120.000/180.000) mit teuflischer Figur liegen, bei Sotheby’s stieg seine ebenso an die Renaissance angelehnte Komposition „I know why the caged bird sssings“ (150.000/200.000) auf 260.000 Dollar.
Erfolgsgarant Basquiat
Zu den höchsten Zuschlägen der Saison zählt der Rekordpreis für Henri Rousseaus Tropenbild mit Flamingos aus dem Jahr 1910. „Les Flamants“, taxiert auf 20 bis 30 Millionen Dollar, kam bei Christie’s auf 37,5 Millionen. Der Rekord des „Zöllners“ lag seit 1993 bei 4,4 Millionen Dollar. Georgia O’Keeffes „Black Iris VI“ (5/7 Million) aus der Sammlung Paul G. Allen schoss auf 18 Millionen. Christie’s setzte mit seinem „20th Century Evening Sale“ und der dritten Tranche der S.I. Newhouse Collection 506,6 Millionen Dollar um.
Der „21st Century Evening Sale“ bei Christie’s erfüllte mit 98,8 Millionen Dollar und 25 verkauften von 26 Losen die obere Erwartung. Neun Rekorde wurden gesetzt. Basquiats monumentale Leinwand „El Gran Espectaculo (The Nile)„ mit einer Taxe um 45 Millionen Dollar stieg auf 58 Millionen. Der „Gerald Fineberg Collection Evening Sale“ spielte 153 Millionen Dollar ein, fünf Rekorde wurden aufgestellt, doch die Sammlung blieb – nicht nur wegen der genannten de Koonings – hinter der Erwartung von 163 bis 235 Millionen für 65 Lose zurück. Für Gerhard Richters „Badende“ (15/20 Millionen) von 1967 fiel der Hammer schon bei acht Millionen nach nur einem Telefongebot.
Sotheby’s „Mo Ostin Collection Evening Auction“ und die angeschlossene „Modern Evening Auction“ erzielten zusammen 427 Millionen Dollar. Magrittes „L’Empire des lumières“ (35/55 Millionen) aus Ostins Besitz stieg auf 36,5 Millionen Dollar, den zweithöchsten Preis für Magritte. Bei der Moderne-Auktion wurden 40 Lose für 303,1 Millionen Dollar vermittelt; 14 aus dem ursprünglichen Angebot von 54 blieben unverkauft oder waren kurz zuvor zurückgezogen worden. Ein Drittel des Umsatzes verdankte sich asiatischen Sammlern: Auch Gustav Klimts Spitzenlos „Insel im Attersee“ (um 45 Millionen) von 1902 ging für 46 Millionen in eine japanische Privatkollektion. Vilhelm Hammershøis stilles Musikzimmer „Interior. The Music Room. Strandgade 30“ (3/5 Millionen) sicherte sich für den Rekordpreis von 7,65 Millionen ein amerikanisches Museum.
Phillips meldete für seinen „20th Century & Contemporary Art Evening Sale“ einen Umsatz von 69,5 Millionen für 33 von 37 Losen. Vier weitere Lose waren zurückgezogen worden. Der Abend begann euphorisch, als das strategisch niedrig taxierte Gemälde einer Schlafenden, geschaffen von dem 2015 jung verstorbenen Afroamerikaner Noah Davis, „Untitled“ (100.000/150.000), 780.000 Dollar erreichte. Der erfolgreiche Bieter setzte sich auch bei Henry Taylors Porträt eines Wachmanns „Dakar, Senegal #3“ (80.000/120.000) mit 460.000 Dollar durch. Für Banksys „Banksquiat. Boy and Dog in Stop and Search“ (8/12 Millionen) fiel bei 8,1 Millionen der Hammer.
Den Abschluss machte Sotheby’s mit „The Now“ und der „Contemporary Evening Auction“ die zusammen mit 46 Losen 204,7 Millionen Dollar umsetzten, leicht über der ursprünglichen unteren Erwartung von 197,3 Millionen. Vier Lose blieben liegen, sechs waren zurückgezogenen worden, darunter Yoshitomo Naras „Haze Days“ (12/18 Millionen). Simone Leighs Skulptur „Las Meninas II“ stellte mit ihrer unteren Taxe den Rekord von 2,5 Millionen auf. Louise Bourgeois’ Riesenspinne „Spider“ erklomm die untere Taxe von 30 Millionen: Rekord für eine Skulptur einer Künstlerin. Gerhard Richters „4096 Farben“ von 1974 wurde bequem innerhalb der Taxe bei 20,5 Millionen Dollar zugeschlagen.