Versteigerung in Paris : Michelangelos Täufling enttäuscht
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Mit der Tuschefeder wie gemeißelt: Michelangelo Buonarroti, „Akt eines jungen Mannes (nach Masaccio) umgeben von zwei Figuren“, 33 mal 20 Zentimeter,Taxe 30 Millionen Euro Bild: Christie's
Die Michelangelo zugeschriebene Zeichnung eines Täuflings sollte bei ihrer Auktion für eine Sensation sorgen. Das gelang nicht ganz. Einen Rekord stellte das wiederentdeckte Blatt trotzdem auf.
Als am Mittwoch bei Christie’s in Paris als spektakuläres Vorspiel der Altmeister-Auktion eine erst kürzlich Michelangelo neu zugeschriebene Zeichnung mit dem Titel „Männlicher Akt mit zwei Figuren“ bei 17 Millionen Euro aufgerufen wurde, war die Spannung im vollbesetzten Saal groß. Nach einem blitzschnellen Abtausch stellte sich bei 20 Millionen Euro jedoch kein weiteres Gebot mehr ein. Der Schätzpreis für den in brauner Tusche virtuos gezeichneten Jünglingsakt war mit 30 Millionen Euro offensichtlich zu optimistisch angesetzt gewesen. Dennoch ist der Zuschlag der höchste, der je für eine Zeichnung in Europa erreicht wurde. Zuletzt war im Jahr 2000 eine Studie des Florentiner Meisters bei Christie’s in London für 8,1 Millionen Pfund versteigert worden.
Immer wieder Neuzuschreibungen
Die Figur im Mittelpunkt der Studie steht einer der Täuflinge aus Masaccios Fresko „Petrus tauft die Neubekehrten“ in der Florentiner Brancacci-Kapelle. 1907 war das Blatt im Pariser Drouot als von der Hand eines Michelangelo-Schülers auktioniert worden. Als die Zeichnung 2019 in der Sammlung der Nachkommen des Pianisten Alfred Cortot wiederentdeckt wurde, schrieben Experten sie Michelangelo zu. Der französische Staat stufte das Blatt als nationales Kulturgut ein; vom Ankauf wurde schließlich jedoch abgesehen. Zeichnungen Alter Meister, die als „kleine“ Blätter oder Studien meist unsigniert bleiben und im Lauf der Jahrhunderte nachlässiger archiviert wurden als etwa Gemälde, erfahren immer wieder Neuzuschreibungen. Auch diese Zeichnung wird trotz Expertisen ihr allerletztes Geheimnis wahren. Dem bislang unbekannten Käufer ist sie mit dem Aufgeld 23,2 Millionen Euro wert gewesen.