Kunstmessen in London : Die Würfel sind noch nicht gefallen
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Kindergarten, Kaffee und eine Fukushima-Suppe: Für die Messen Frieze und Frieze Masters in London ist der Reiz der wilden Jugendjahre vorüber.
Es weht ein eisiger Wind in den weißen Ausstellungszelten der Kunstmesse Frieze und Frieze Masters in London. Es ist der Wind der Professionalität. Das Geschäft ist ernster geworden - und auch anstrengender. Das spürt man nicht nur in den Straßen der City of London, sondern auch hier im Kunstzentrum. Die Eröffnung von beiden Messen - fünfzehn Gehminuten durch den Regent’s Park voneinander entfernt - fand parallel statt, und so hechtete man hin und her (der Shuttle-Bus braucht im Verkehr noch länger). Es konnte passieren, dass Sammler die Galeristen, die an beiden Veranstaltungen teilnahmen, wie Monika Sprüth oder David Zwirner, auf diesen Wegen verpassten. Aber es bleiben ihnen ja noch knapp dreihundert Galerien zum Besuch.
In London erlebt man zwei sehr unterschiedliche Messen, die eines vereint: Sie sind perfekt inszeniert, so weit das geht in einem temporären Zelt, und sie bieten gemeinsam einen umwerfenden Rundgang durch die Kunst aller Jahrhunderte. Letztes Jahr schwächelte die Gegenwartskunstmesse Frieze; jetzt ist sie gediegener, wohlsortierter, erwachsener. So haben sich beide in ihrem dritten gemeinsamen Jahr eingependelt. Die Verkäufe sind gut, aber nicht aufregend. Die wenigen Probleme sind gleich geblieben.
Die Werke auf der Frieze Masters für Alte Kunst leiden unter der Zeltarchitektur. Die Leinwand des Dreißig-Millionen-Pfund-Rembrandts bei Otto Naumann - er reist schon seit einiger Zeit von Stadt zu Stadt - freut sich bestimmt nicht über den unter den Füßen fühlbar vibrierenden Boden. Doch die 127 internationalen, durch die Bank wichtigen Aussteller aller Bereiche, von Alten Meistern über Kunstgewerbe bis zu Zeichnungen, ignorieren die Bewegung so gut es geht und preisen ihre Ware an. Hauser & Wirth, in diesem Jahr allgegenwärtig, hat angeblich die gesamte Ausstellung früher Werken von Jean Tinguely verkauft. Mnuchin vermittelte David Smiths „Forgings“ für 2,4 Millionen Dollar. Acquavella hat neben anderen Großformaten Wayne Thibauds buntes Gemälde „Tie Tray“ von 1969 für 3,2 Millionen Dollar am Stand. Der Kunsthändler Schönewald zeigt Sigmar Polke, den aktuellen Star in London, der gerade in der Tate gefeiert wird.
Die höchsten Preise und Blue Chips des Auktionsmarktes finden sich also hier - wie etwa ein Francis Bacon bei Marlborough für 25 bis dreißig Millionen Pfund. Die niedrigsten Preise bewegen sich noch im sechsstelligen Bereich, wie Giovanni Anselmos wunderschöne Zeichnung „Direction North“ aus dem Jahr 1978 für 140.000 Pfund. Eine klitzekleine schraubenartige Figur wirft menschliche Schatten. Die Regel für den Käufer: Das Blatt muss der Himmelsrichtung entsprechend gehängt werden. Es gibt sie für den Norden, Süden, Westen und Osten.
Wohin das gesamte Unternehmen Frieze steuert ist gerade etwas ungewiss. Auch aus personellen Gründen: Die Gründer Matthew Slotover und Amanda Sharp haben sich als Direktoren zurückgezogen. Damit geht eine experimentierfreudige Zeit zu Ende. Ihre Aufgaben übernimmt nun Frieze-Masters-Direktorin Victoria Sidall; sie ist für alle drei Messen verantwortlich, auch für den Ableger in New York. Ein Wahnsinnsjob. Slotover und Sharp wollen derweil neue Ideen entwickeln - es gibt jedoch auch Gerüchte, dass die Messe verkauft werden soll.