Gefälschte indigene Kunst : Kanadas Polizei deckt Millionenbetrug auf
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Ein echter Morrisseau? Nein, eine der beschlagnahmten Fälschungen. Bild: Ontario Provincial Police
Viele Millionen Dollar sollen mutmaßliche Betrüger erbeutet haben, die von der Polizei in Kanada festgenommen wurden. Ihnen wird vorgeworfen, massenhaft gefälschte Werke des Künstlers Norval Morrisseau in Umlauf gebracht zu haben.
Mit Superlativen sparte die Polizei der kanadischen Provinz Ontario nicht, als sie ihren Fahndungserfolg präsentierte: Sie habe „einen der größten Fälle von Kunstbetrug aller Zeiten“ aufgedeckt. Acht mutmaßliche Betrüger, die mit mindestens tausend Fälschungen mehr als 100 Millionen kanadische Dollar erbeutet haben sollen, haben die Beamten festgenommen. Vor allem Privatleute sollen ihnen vermeintliche Werke des 2007 gestorbenen indigenen Malers Norval Morrisseau abgekauft haben, der als Copper Thunderbird bekannt war. Die Fälschungen sollen unter ausbeuterischen Bedingungen auch von Minderjährigen angefertigt worden sein. Unter den Verdächtigen ist auch ein Neffe Morrisseuaus.
Morrisseau, Jahrgang 1932, war berühmt für seine farbenfrohen Gemälde im Woodlands-Stil, einer Schule indigener Kunst aus dem Gebiet der Großen Seen, die er begründete. Die meisten Woodlands-Künstler gehören wie Morrisseau den Anishinaabe an. In den Fünfzigerjahren begann der Maler die mündlich überlieferte Geschichte seiner Vorfahren zu erforschen. Das inspirierte ihn zu seiner Kunst, die häufig traditionelle Motive aufnahm.
Marc Chagall nannte Morrisseau einen „Picasso des Nordens“. Die kanadische Nationalgalerie widmete ihm 2006 als erstem Künstler der First Nations eine Einzelausstellung. Wie viele andere Ureinwohner war Morrisseau ein Überlebender „Residential Schools“, in denen indigene Kinder unter staatlicher Federführung „umerzogen“ werden sollten. Erst seit wenigen Jahre arbeiten die USA und Kanada den systematischen Missbrauch und Tausende ungeklärte Todesfälle an diesen Schulen auf.

Video von Global News : Acht Verhaftungen: Ermittlungen zu gefälschten Kunstwerken Norval Morrisseaus
Bei der Aufklärung des Betrugs-Skandals um Morrisseaus Vermächtnis soll der Dokumentarfilm „There Are No Fakes“ (Es gibt keine Fälschungen) der Polizei Hinweise geliefert haben. Schon 2019 hatte der Musiker Kevin Hearn darin dem Regisseur Jamie Kastner geschildert, wie er für ein angebliches Bild Morrisseaus 20.000 kanadische Dollar gezahlt und so auf die Betrügereien gestoßen sei. In der Dokumentation tritt ein Mann auf, der sagt, er habe im Stil des berühmten Künstlers gemalt, um an Geld für Drogen zu kommen. Ein anderer wirft dem mutmaßlichen Anführer der Bande mehrfache Vergewaltigung vor.
Der Handel mit gefälschten Werken indigener Künstler ist ein globales Geschäft. Im Internet bieten zahlreiche Websites gefälschte Ureinwohner-Kunst feil – oder etwa mit Symbolen aus traditioneller Kunst bedruckte T-Shirts, ohne Einverständnis der Urheber oder deren Beteiligung. Die kanadische Senatorin Patricia Bovey fordert daher nun schärfere Gesetze. In Kanada komme der Kunst-Betrug „direkt nach dem Drogen- und Waffenhandel“, sagte die Politikerin.