Gefälschte Dada-Kunst : Der große Betrug mit kleinen Werken
- -Aktualisiert am
Am meisten gefälscht werden Werke, die zunächst gar nicht viel kosten. Die Summen aber addieren sich. Seit einigen Jahren sind besonders Collagen der Dadaisten betroffen.
Wer in diesen Tagen auf das deutsche Portal des Online-Versteigerers Ebay geht, kann dort auf eine Collage bieten. Ihr Titel: „Meine Dada-Maschine“. Einen Vorschlag, von wem das Blatt, das mit Tusche und Tempera überarbeitet wurde, stammen könnte, gibt es noch dazu. „Hausmann“ steht dort, mit einem Fragezeichen versehen, „ganz vorsichtig, ohne endgültige Zuschreibung“, heißt es. Der Preis? 1200 Euro. Das wäre für einen echten Raoul Hausmann ein Schnäppchen. Seine Collagen erreichen auf Versteigerungen regelmäßig Preise von 20.000 Euro, gelegentlich sogar das Zehnfache. Mancher Ebay-Kunde mag also hoffen, der Verkäufer wisse selbst nicht so genau, welcher Schatz sich dahinter verbergen könnte. Entdeckerglück möglich?
Dass es sich um einen Hausmann handelt, kann jedoch ausgeschlossen werden. Für diesen Befund muss Ralf Burmeister, Kunsthistoriker und Leiter der Künstler-Archive am Museum Berlinische Galerie, kein Original sehen. „Nie“, so der Experte, „würde Hausmann in Druckbuchstaben ,MEINE DADA-MASCHINE‘ auf das Blatt setzen.“ Die Collage sei „zu brav und unterkomplex“. Das Blatt ist ein Beispiel für die sprudelnden Quellen, die derzeit den Markt mit angeblichen Dada-Werken beliefern. Im genannten Fall liegt keine Fälschung vor, da der Anbieter zwar eine falsche Zuschreibung ins Spiel bringt, aber die Entscheidung, um was es sich handelt, dem Käufer überlässt. Angesiedelt ist dieses Angebot in dem Marktsegment, in dem am meisten gefälscht wird: dem niedrigpreisigen Bereich.
Verdächtige Fülle neuer alter Werke
Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen jedoch häufig Fälscher von Werken, die für Millionensummen gehandelt werden, wie etwa Wolfgang Beltracchi. Der Schaden, den die scheinbar kleinen Fische anrichten, ist aber nicht geringer. Eben weil bei jedem Einzelverkauf nicht viel auf dem Spiel zu stehen scheint, schlüpfen die kleinen Fische wendiger durch die Maschen. Über Händler, Online-Portale, kleine und größere Auktionshäuser wird der Markt mit solchen Werken geflutet, in der Hoffnung, dass dieser Sektor noch weniger hell ausgeleuchtet wird - schon deshalb, weil es sich kaum lohnt. „Die Kunst“, sagt Ralf Burmeister, „ist ein Anlageprodukt geworden, wie Autos und Immobilien.“ Es gebe eben auch Kleinanleger; die Goldgräberstimmung, die Hoffnung auf plötzliche Renditen sei nirgends größer als auf dem Kunstmarkt.
Dada-Collagen werden besonders gerne gefälscht. Ein paar Papierschnipsel aus der richtigen Zeit, vereint mit Naturkleber zum konstruktivistischen Bildaufbau, dazu ein Seitenhieb auf die politischen Eliten - so lautet das vermeintlich leichte Kochrezept für Dada. Im Unterschied aber zu den meist offensichtlichen Nachahmungen bei Ebay häufen sich gut gemachte Fälschungen, bei denen sich selbst Experten schwertun. Unter den Dada-Künstlern gibt es kein Œuvre, das nicht von Fälschungen betroffen wäre. Die Beispiele, die Ralf Burmeister allein im Fall Hannah Höchs aussortiert hat, füllen drei Ordner in seinem Archiv. Vor zwei Jahren etwa fragte Christie’s wegen einer Collage an (siehe Abbildung) - eine Fälschung. Sie kam dann nicht in die Auktion. Auch Ketterer zog zwei Werke eines Künstlers, der in Dada-Kreisen verkehrte, aus einer Auktion zurück: Sie stammten nicht von Edmund Kesting.