Im Gespräch: Fred Jahn : In der Arbeit Freude finden
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München, Maximilianstraße 10, zweiter Stock: In seiner Galerie treffen wir Fred Jahn, der in diesem Jahr den Art Cologne Preis erhält. Aktuell zeigt er eine Ausstellung mit Zeichnungen von Willi Baumeister.
Sie bekommen den diesjährigen Art Cologne Preis verliehen. Womit haben Sie das verdient, Herr Jahn?
Tja, das habe ich mich auch gefragt. Man sagte mir, dass man ein Galeriemodell, wie ich es betreibe, würdigen wolle, eines, das unter heutigen Gesichtspunkten eher etwas altmodisch ist.
Altmodisch in welchem Sinne?
Gemeint ist die Arbeitsweise, meine auf enge und langjährige Verbindung mit den Künstlern angelegte Zusammenarbeit und der Programmschwerpunkt auf Zeichnungen. Die Baumeister-Ausstellung zum Beispiel haben wir eineinhalb Jahre lang vorbereitet, inklusive Katalog. Und wir lassen sie wandern, nach London zu Simon Theobald und als Gastspiel in die Villa Grisebach nach Berlin.
Die Blätter kommen marktfrisch aus dem Baumeister-Nachlass?
Ja, sonst könnte man eine Ausstellung dieser Qualität nicht machen. Das sind für mich ideale Arbeitsbedingungen, und das ist natürlich ein traditionelles Arbeiten.
Erste Erfahrungen haben Sie in der Galerie Thomas gesammelt. Warum gingen Sie später zu Friedrich & Dahlem, die als progressivste Münchner Galerie jener Zeit die Avantgarde in die Stadt holten?
Ich jobbte abends und am Wochenende bei Thomas, weil ich sehen wollte, wie ein Galeriebetrieb funktioniert. Thomas zeigte primär Klassische Moderne, ich lernte dort, wie Kunsthandel funktioniert. Aber ich trieb mich auch in anderen Galerien herum, am liebsten bei Heiner Friedrich.
Wie war das, als Sie dort hinkamen?
Ich arbeitete damals in einem Verlag, der die Münchner Theaterprogramme herstellte, manchmal inserierten dort Galeristen. Als ich deshalb zu Friedrich & Dahlem ging, sah ich eine Cy-Twombly-Ausstellung, das war 1964. Etwa zur selben Zeit zeigte die Galerie Thomas Gastone Novelli aus Rom, den hier kaum einer kennt, ich schätze ihn sehr. Der war auch Sprachforscher. Seine skripturale Kunst datierte fast noch weiter zurück als die Twomblys. Mir schienen diese Dinge verwandt. Auch Karl Bohrmann arbeitete in dieser Mischung aus Informel und Skripturalem. Bei Friedrich & Dahlem sah ich auch Popkunst von Uwe Lausen, die erste Blinky-Palermo-Ausstellung und die amerikanischen Künstler.
Sie wurden dort Geschäftsführer?
Erst später. Ich musste Geld verdienen, und weil ich gelernter Kaufmann bin und leider nicht Kunstgeschichte studiert hatte, wollte ich mich im gewerblichen Kunstsektor etablieren. Weil Friedrich & Dahlem kein Budget hatten, begann ich als freier Mitarbeiter auf Provisionsbasis. Parallel gründete ich mit Gernot von Pape 1968 die „Edition X“. Friedrich interessierte die auch sehr, er sah darin für die Künstler eine gute Möglichkeit, Geld zu verdienen. Kunst kostete ja so wenig. Wenn man bedenkt, dass ein zwei mal zwei Meter großes Stoffbild von Palermo 2200 Mark kostete, dann waren 2000 Mark als Honorar für eine Mappe viel Geld für ihn. Heiner Friedrich verschaffte mir das Entree bei Künstlern, die ich kennenlernen wollte, ich traf Polke, Richter, Palermo, Ruthenbeck und erwarb auch erste Werke für mich.
Wie reagierten die Künstler auf die Mappenidee?