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Galerierundgang : Die Bienen sind los

  • -Aktualisiert am

Ein Rundgang durch Londoner Galerien zeigt: Bob Law mag es reduziert, Barbara Kruger politisch, und Klaus Weber lässt die kleinen Tiere machen.

          3 Min.

          Bob Law war ein Minimalist, der den Vergleich mit der internationalen Avantgarde nicht zu scheuen brauchte. Nicholas Serota, heute Direktor der Tate Modern in London, richtete ihm 1977 eine Retrospektive in der Londoner Whitechapel Gallery ein. Im Großbritannien der sechziger und siebziger Jahre kämpften zeitgenössische Künstler jedoch mit einem Klima der Ablehnung, dass heute kaum noch vorstellbar ist, und Bob Law war kein Selbstvermarktungsstratege.

          Als er im Jahr 2004 starb, hatte ihn die Kunstwelt schon fast vergessen. Nun haben ihm drei Londoner Galeristen, Thomas Dane im Stadtteil Sankt James, Karsten Schubert in Soho und Richard Saltoun in Covent Garden, eine Retrospektive in drei Teilen ausgerichtet. Im ersten Stock der eleganten Stadthäuser dem Trubel der weihnachtlich glitzernden Einkaufstrassen entrückt, wirkt die selbstbeherrschte Strenge von Bob Laws Arbeiten – oft nur ein paar Bleistiftstriche auf grobem Papier – wie eine Oase der Besinnung.

          Ausdruck von Selbstzweifel

          Immer wieder zog Law in grau oder schwarz die Umrisse des Papiers (je von 2500 Pfund an) oder der Leinwand nach; so wie auf „Mister Paranoia V 21.8.71“ (50.000 Pfund). Die Linien wirken fast, als gäbe es bei ihm Grund, Angst zu haben, über den Rand der Bildfläche zu fallen. Sein Rahmen im Rahmen ist ein Spiel mit der Geometrie, bei dem der Prozess des Malens und nicht das Ergebnis im Vordergrund steht. Der Maler David Hockney konnte damit nichts anfangen und kommentierte im Jahr 1977 in einem BBC Interview: „Na, es scheint mir, dass wenn man Bilder malt, dann sollte auch etwas auf der Leinwand sein. Ich verstehe vier, mit einem Stift um die Ränder der Leinwand gezogene Linien nicht.“

          Aus Laws Werk spricht Selbstzweifel. Das Innere des Bildes bleibt oft unausgefüllt, oder wird im Gegenteil komplett mit Bleistift überzogen – wie langes Gras im Wind. Wenn Rob Law etwas in die Bildmitte zeichnet, dann sind es oft übereinander liegende Rechtecke, die einen Turm bilden, manchmal blau, rot oder gelb ausgemalt. Die Worte „Castle“ und „Obelisk“ tauchen in seinen Werktiteln auf. Die Grundform des Rechtecks hat er in kleinen Bronzen verarbeitet (Preise zwischen 2500 bis 5000 Pfund).

          Collagen mit ein wenig Patina

          Die Galerie Sprüth Magers in London besinnt sich auch auf eine Altmeisterin der zeitgenössischen Kunst: Das Frühwerk von Barbara Kruger, geboren 1945 in New Jersey, firmiert hier unter dem Titel „Paste Up“. Ihre ersten Soloschauen bestritt Kruger 1980 im PS1 in New York und 1983 im Institute of Contemporary Art (ICA) in London. 45.000 Dollar soll jede ihrer schwarzweißen, mal die grotesken, mal die banalen Themen der Konsumgesellschaft ins Visier nehmenden Collagen, kosten. „Our Prices Are Insane“ heißt der Slogan, den sie über eine blutverschmierte männliche Fratze mit aufgerissenen Augen geklebt und ins Schaufenster der Galerie gehängt hat.

          „We won’t be our own best enemy“ oder „We decorate your life“ heißt es auf Bildern mit Frauengesichtern und perfekt manikürten Händen, die Magazinwerbung imitieren. Die Collagen sind im Gegensatz zur Werbung überraschend kleinformatig, oft kaum mehr als zwanzig Zentimeter breit. Im Zeitalter der digitalen Bildverarbeitung haben sie sich ein wenig Patina zugelegt. Und obwohl viele der subversiven Botschaften, die durch die Spannung zwischen Bild und Slogan entstehen, an Aktualität wenig verloren haben, atmen sie den Charme von Dokumenten einer vergangenen Zeit.

          Liebe Biene, male mir

          Am anderen Ende der Stadt, im East End, wo viele jüngere Galerien angesiedelt sind, zeigt die Herald St den 1967 geborenen, deutschen Künstler Klaus Weber – und seine Bienenbilder: Es sind Ergebnisse eines bioästhetischen Experiments. Wenn Honigbienen im Frühjahr den Bienenstock zum ersten Mal wieder verlassen, entledigen sie sich bei ihrem Flug der angesammelten Verdauungabfälle. Weber verteilte weiß grundierte Leinwände im Garten eines Berliner Bienenzüchters, auf Staffeleien und an Hecken gelehnt, und ließ dem – unwissentlich – kreativen Prozess der Bienen seinen Lauf.

          Das Ergebnis sind spärlich, braun-gelb besprenkelte Gemälde, die der Künstler auf hohen Staffeleien präsentiert. Und schon beim Betreten der Galerie fällt noch etwas ins Auge: In dem vollständig schwarz ausgemalten Raum von Herald St leuchten staubig weiße Fußspuren, die die Besucher auf dem Boden hinterlassen haben. Sie wurden, den Bienen gleich, von Weber für seine Spuren-Experimente – nun aber natürlich wissentlich – eingespannt.

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