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Bücher und Autographen : Wer schreibt, der bleibt

  • -Aktualisiert am

Taxe 18.000 Euro: „Biblia germanica (Neunte deutsche Bibel)", gedruckt 1483 von Anton Koberger, Nürnberg, mit 21 altkolorierten Holzschnitten Bild: Hartung & Hartung

Das Buch der Bücher neben Briefen von historischem Wert: Vorschau auf die Frühjahrsauktion rarer Drucke, Manuskripte, Autographen und Grafik bei Hartung & Hartung in München.

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          „Hanfstängel muss weg“, notierte Joseph Goebbels im Juli 1937 in seinem Tagebuch. Kurz darauf wurde Eberhard Hanfstaengl als Direktor der Berliner Nationalgalerie entlassen. Dem NS-Regime hatten seine Ankäufe ebenso wenig behagt wie die Weigerung, für „entartet“ erklärte Werke zu entfernen. Der Kunsthistoriker zog sich nach München zurück, wo er zuvor der Städtischen Galerie im Lenbachhaus vorgestanden hatte und von 1945 an als Generaldirektor die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wieder in Gang brachte.

          Hanfstaengl zählte viele Künstler zu seinen Freunden und pflegte umfassende Korrespondenzen. Eine Reihe an ihn gerichteter Briefe wird bei Hartung & Hartung am 9. Mai bei der Auktion wertvoller Bücher, Manuskripte, Autographen und Grafik versteigert. Olaf Gulbransson versah ein Schreiben der frühen Dreißigerjahre an den „engelsalten Eberhard“ mit lustigen Zeichnungen (je 500 Euro). Ernst Barlach äußerte sich 1934 sorgenvoll zu Ausstellungsplänen wegen „Angst vor neuer Anfeindung“ (2000). Das Ehepaar Nolde ist ebenso mit einem Bündel Briefe vertreten wie Gabriele Münter. Jean Cocteau widmet „Mon cher docteur“ einen Katalog mit Zeichnung (500). Von Lovis Corinth, Max Slevogt, Karl Schmidt-Rottluff und vielen weiteren Absendern bekommt der Freund der Kunst und der Künstler Post, von manchen bis kurz vor seinem Tod 1973.

          Mit vorzüglicher Hochachtung: auf 1924 datiertes Schreiben Emil Noldes an Eberhard Hanfstaengl, aus einem Konvolut von 18 Briefen, Taxe 600 Euro
          Mit vorzüglicher Hochachtung: auf 1924 datiertes Schreiben Emil Noldes an Eberhard Hanfstaengl, aus einem Konvolut von 18 Briefen, Taxe 600 Euro : Bild: Hartung & Hartung

          Die Prunkabteilung Alter Drucke bietet Anton Kobergers „Biblia Germanica“ von 1483, genauer den zweiten Teil dieser neunten Bibel in deutscher Sprache, für die Koberger eigens eine Drucktype entwickelte. Leuchtendes Verlagskolorit zeichnet die Illustrationen des Exemplars aus (18.000). 1491 wurde bei Koberger in Nürnberg auch der „Schatzbehalter“ gedruckt. Dieses für Laien bestimmte Erbauungsbuch mit den Predigten des Franziskanerpaters Stephan Fridolin schmückten Michael Wohlgemut und Wilhelm Pleydenwurff mit für die Zeit außergewöhnlich vielen und großen Holzschnitten (36.000). Dieselben Nürnberger Künstler illustrierten einen weiteren Koberger-Druck: Hartmann Schedels „Chronica“ in deutscher Sprache und erster Ausgabe von 1493 (20.000).

          Eine ornithologische Prachtausgabe

          In deutscher Erstausgabe liegt das „New Kreüterbuch“ des Arztes Leonhart Fuchs von 1543 mit seinen mehr als 500 ganzseitigen altkolorierten Pflanzenbildern vor (15.000). Einzig „Les Roses“ gilt dagegen Pierre Joseph Redoutés Prachtwerk, das als vollständiges Exemplar der Erstausgabe von 1817/24 auf 36.000 Euro taxiert antritt. Unter den ornithologischen Tafelwerken schießen John James Audubons „Birds of America . . .“ von 1840–44 sozusagen den Vogel ab: Die siebenbändige Großoktav-Ausgabe mit dem „Washington Sea-Eagle“ auf dem Ledereinband strebt nach 40.000 Euro. Die gleiche Erwartung gilt Wilhelm und Johann Blaeus „Nieuwe Atlas“ in sechs verschiedenen Auflagen entstammenden Bänden des 17. Jahrhunderts, es fehlt nur die Karte „China Veteribus“, also von China in alten Zeiten. Nicht weniger als die „Generale Welt-Beschreibung“ verspricht der elfbändige „Novus Atlas absolutissimus“, den Johann Janssonius 1647–58 druckte und der laut Stempel eine „verkaufte Dublette der Aargauer Kantonsbibliothek“ darstellt (120.000).

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