Londoner Moderne-Auktionen : Abkühlung an der Themse
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Sorgte für ein heißes Bietgefecht im ansonsten eher unterkühlten London: Caroline Walkers „Threshold“, 2014, Öl auf Leinwand, 200 mal 300 Zentimeter, wurde bei Phillips bei 730.000 Pfund zugeschlagen. Bild: Phillips
Gehen die Zeiten des überhitzten Kunstmarkts zu Ende? Bei den großen Londoner Abendauktionen moderner und zeitgenössischer Kunst sorgen Umsatzeinbrüche und Rekordpreise für gemischte Gefühle.
Die Londoner Frühjahrsauktionen mit Moderne und Zeitgenossen gelten traditionell als erster großer Markttest des Jahres. Die Verkaufsraten bei den Abendterminen blieben dieses Mal stark, doch die Umsatzzahlen boten ein gemischtes Bild.
Christie’s musste einen Umsatzrückgang um fast ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen, bei Sotheby’s wurde dagegen ein fünfzehnprozentiger Zuwachs gemeldet. Phillips hatte sein Spitzenlos, Gerhard Richters „Mathis“ (Taxe 10 bis 15 Millionen Pfund), kurz vor der Auktion zurückgezogen, was die Gesamterwartung deutlich reduzierte. Zwar gab es vorab Kaufinteresse von Sammlern an dem Richter, doch sie wollten niedriger bieten als sein Besitzer Marcel Brient bereit war zu akzeptieren.
Christie’s, Sotheby’s und Phillips erzielten im vorigen Jahr allesamt die höchsten Jahresumsätze ihrer Firmengeschichte, doch das globale wirtschaftliche Klima hat sich merklich abgekühlt. Bei einer internationalen Käuferschaft, die über die Pandemiejahre eher an Vermögen gewonnen hat, sollten sich lokale Rezessionsängste in Großbritannien dagegen kaum auswirken.
Es kommt auf die richtigen Einlieferungen an in einem Umfeld, in dem Geschmäcker und Trends sich mittlerweile fast im Zwei-Jahres-Takt ändern und neue Sammler mit tiefen Taschen weniger vorhersehbar agieren. Der Standort London behauptet sich trotz des Brexits und obwohl Auktionen in Paris und China an Profil gewinnen und den lokalen Kundengusto gezielter bedienen.
Ende des Monats hält Sotheby’s seine erste kleine Live-Auktion moderner und zeitgenössischer Kunst in Köln ab (siehe nebenstehenden Artikel). Parallel dazu hat der Verkauf profilierter Mega-Sammlungen in den vergangenen zwei Jahren die New Yorker Auktionsumsätze immer weiter aufgebläht.
Christie’s setzte in den kombinierten Abendauktionen „20th/21st Century Evening Sale“ und „The Art of the Surreal Sale“ mit 94 Losen insgesamt 167,8 Millionen Pfund um. 89 Prozent der Lose wurden vermittelt, 56 Prozent über ihrer oberen Taxe verkauft. Nur 13 Prozent der Gebote kamen aus dem asiatischen Raum.
Im vergangenen Jahr hatte Christie’s vier Lose mit Taxen in zweistelliger Millionenhöhe im Programm, diesmal nur eines: Picassos „Femme dans un rocking-chair (Jacqueline)“ (15/20 Millionen), gemalt 1956, wurde nach nur einem Gebot bei 14,5 Millionen zugeschlagen und ging damit wohl an den Garantiegeber.
Der Abend bei Christie’s stand im Zeichen von surrealistischen Malerinnen und Exil-Künstlern. Die jüngste Biennale in Venedig und die Ausstellung „Surrealism Beyond Borders“, die im vergangenen Jahr vom Metropolitan Museum in New York in die Tate Modern nach London wanderte, hat sie ins internationale Rampenlicht gerückt.
Eine Gruppe von ihnen kam, so „Artnet News“, aus der Sammlung der im Katalog nicht genannten Sammler Gary and Kathie Heidenreich aus San Francisco. Darunter war „Retrato del Doctor Ignacio Chávez“ (2,5/3,5 Millionen) von Remedios Varos aus dem Jahr 1957, das 3,2 Million erzielte. Konkurriert wurde auch um Leonora Carringtons orangefarbene Komposition „Lepidoptera“ (160.000/240.000); sie stieg auf 460.000 Pfund.