Kunstmesse Art Basel : Zeit, zu handeln wie früher
- -Aktualisiert am
Verkauft für 40 Millionen Dollar: „Spider“ von Louise Bourgeois bei Hauser & Wirth Bild: dpa
Die Art Basel zeigt sich in ihrer Heimatstadt postpandemisch stark. Doch ist sie das wirklich? Und was bietet die wichtigste Kunstmesse dem Publikum?
In den Wind spucken und auf das Beste hoffen, das empfiehlt Lawrence Weiner allen, die über den Messeplatz in die Hallen der Art Basel strömen. Dem Hüpfspiel „Himmel und Hölle“ gleicht die Bodeninstallation des vor wenigen Monaten gestorbenen Konzeptkünstlers und lädt zum Mitmachen ein: Spielerisch kann man eine Position einnehmen und Richtung Zukunft hopsen, die immer außer Sicht liegt. Vielleicht ist es dieser Tage zu heiß für solcherlei Gymnastik; wahrscheinlich ist der Wille, endlich Kunst sehen, kaufen oder verkaufen zu können wie vor der Pandemie, übergroß. Zielstrebig eilen die Menschen über die auf den Asphalt gemalten Kästchen jedenfalls dorthin, wo es zur Sache geht: zu den Ständen von 289 Galerien aus fünf Kontinenten mit Arbeiten von mehr als viertausend Künstlern.
Das ist ziemlich genau vorpandemisches Niveau für die wichtigste Kunstmesse der Welt an ihrem Heimatstandort, die dort erst einmal ausfallen und danach unter Corona-Auflagen verschoben werden musste. Nun, da in der Schweiz alle Beschränkungen gefallen sind, kehrt sie zum Juni-Termin mit voller Kraft zurück; die Kernmarke einer Messegesellschaft auf Wachstumskurs, die mit einem angekündigten Ableger in Paris ihre Ambitionen gerade erst untermauert hat.
Doch Wachstum braucht Kapital, gerade angesichts pandemiebedingter Einbrüche, die in Hongkong dieses Jahr noch deutlich spürbar waren. Flüssig gehalten wurde die MCH Group von James Murdoch, dessen Lupa Systems 2020 satte 48 Millionen Franken investierte und gut 32 Prozent der Anteile hält. MCH strukturierte um, Florian Faber wird bald neuer CEO. Doch das reicht nicht, eine Kapitalerhöhung zwecks Liquiditätssicherung muss her. 34 Millionen Franken will Lupa Systems geben. Der Kanton Basel-Stadt, der zweite Ankeraktionär, soll ebenso viel beisteuern. Unterdessen, berichtet die „Basler Zeitung“, bekundet der Investmentfonds Xanadu Alpha wieder einmal Interesse, die Art Basel zu kaufen. MCH winkt ab und bekräftigt ebenso wie der Direktor der Art Basel, Marc Spiegler, das Bekenntnis zum Standort am Rhein.
„How To Grow in Times of Change“, wie man in Zeiten des Wandels wachsen kann, steht als Frage auch über dem Parcours von 21 Interventionen, mit der die Art Basel sich in der Innenstadt verankert. Wörtlich nimmt das der Mexikaner Bosco Sodi, vertreten von der König Gallery (Berlin, London, Seoul, Wien) und Kasmin (New York). Er lässt Besucher seiner Installation „Tabula rasa“ Tonkugeln mit Samen nach Hause nehmen. Alicia Kwade, ebenfalls vertreten von König, lädt derweil in einem verschwiegenen Garten zur Meditation über unseren Sitz im Universum ein: Acht Steinkugeln, einzeln auf, in oder unter einen bronzenen Stuhl montiert, können in ihrer Installation „Les Sieges des Mondes“ (520.000 Euro) für Planeten stehen, verdichtete Jahrmillionen, die Unmöglichkeit der Verortung. Zeitloser geht es kaum. Auf aktuellen Diskussionen fußt dagegen die Bronzeskulptur einer nackten Transperson, das Selbstporträt der Künstlerin Puppies Puppies. In den Sockel ist das Wort „Woman“ eingraviert. Die Galerien Balice Hertling (Paris), Francesca Pia (Zürich) und Barabara Weiss (Berlin) stehen dahinter.