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Sind diese Basquiats echt? : Die Hundert-Millionen-Dollar-Wette

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So warb das OMA für die Basquiat-Ausstellung auf seiner Webseite (Screenshot): Der Künstler während einer Ausstellung seiner Werke in Zürich Bild: OMA

Sensation oder Blamage? Das Orlando Museum of Art in Florida zeigt 25 angeblich jahrzehntelang verschollene Werke von Jean-Michel Basquiat. An der Authentizität der Gemälde gibt es allerdings erhebliche Zweifel.

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          Es ist entweder eine Sensation oder eine riesige Blamage: Das Orlando Museum of Art, einer der wichtigsten Ausstellungsorte für moderne Kunst in Florida, präsentiert 25 angebliche Werken von Jean-Michel Basquiat, die drei Jahrzehnte verschollen gewesen sein sollen. Die zum Teil großformatigen Gemälde zeigen die Symbolsprache des Künstlers, jene Schädel und Kronen, die ihn berühmt machten, den Materialmix und die neoexpressionistische Lebendigkeit. Doch sind sie tatsächlich echt? Selten und einzigartig seien diese Bilder, verkündet das amerikanische Museum auf seiner Homepage. An dem Streit über die Authentizität der Werke hängen jetzt Karrieren und professionelle Reputationen.

          Der Direktor des Museums, Aaron De Groft, glaubt an die Echtheit der Werke. Sie gehören zwei Kunsthändlern, die sich als „Schatzsucher“ bezeichnen und sich die Eigentümerschaft mit dem Prominentenanwalt Pierce O’Donnell teilen. William Force und Lee Mangin halten auf Auktionen nach unerkannten Meisterwerken Ausschau. 2012 kauften sie den Inhalt einer Lagerbox – der inzwischen verstorbene Drehbuchautor Thad Mumford hatte die Miete für seine eingelagerten Habseligkeiten zu lange nicht bezahlt. Für um die 15.000 Dollar schlugen Force und Mangin bei der Zwangsversteigerung zu und waren überzeugt, einen atemberaubenden Fang gemacht zu haben, als sie die Kunstwerke in dem Depot entdeckten.

          Der 1988 im Alter von nur 27 Jahren an einer Überdosis Heroin gestorbene Basquiat hält inzwischen den Rekord für das teuerste je versteigerte Gemälde eines amerikanischen Künstlers. 2017 wurde sein Bild „Untitled“ mit Totenkopf aus dem Jahr 1982 von Sotheby’s für die Summe von 110,5 Millionen Dollar brutto an den japanischen Milliardär Yusaku Maezawa verkauft. Ein ähnliches Bild, „In This Case“ von 1983, hat das Auktionshaus im vergangenen Jahr für 81 Millionen Dollar zugeschlagen. Es war das zweitteuerste erfolgreiche Los weltweit auf einer Auktion 2021. Doch Force und Mangin konnten ihre Fundstücke bisher mitnichten für solche Millionenbeträge losschlagen. Das soll sich nun ändern, denn die Museumsschau könnte Zweifel an der Echtheit der Bilder ausräumen – die beiden „Schatzsucher“ könnten reich werden. Sollten ihre Kunstwerke tatsächlich echt sein, hätten sie einen Marktwert von schätzungsweise mindestens hundert Millionen Dollar.

          Quasi eine Quittung?

          Seit Mitte des Monats hängen sie nun unter dem Titel „Helden und Monster“ im Orlando Museum of Arts. Basquiat, heißt es, habe sie geschaffen, als er 1982 im Haus des Kunsthändlers Larry Gagosian im kalifornischen Venice Beach arbeitete. Gagosian aber will von der Entstehung der 25 Werke und ihrem Verkauf an Mumford nichts mitbekommen haben. Fünftausend Dollar in bar, heute wären das 14 .000, soll Basquiat für sie erhalten haben. Unüblich seien solche schnellen Deals für den jungen Künstler nicht gewesen, räumt Gagosian gegenüber der „New York Times“ ein: „Es hing immer davon ab, wie er bezahlt werden wollte, in bar, mit einem Tauschhandel, mit Kleidung, oder er sagte vielleicht, zahl meiner Freundin einen Trip nach Paris.“

          Zweifel an der Authentizität der Exponate in seiner Ausstellung will der Museumsdirektor De Groft mit dem Verweis auf ein Gedicht ausräumen, das der Drehbuchautor Mumford 1982 auf einer Schreibmaschine getippt haben soll und das Basquiat mit Ölfarbe signiert habe. Darin ist die Rede von „25 Gemälden“, „goldenen Kronen“ und der Freude darüber, „nicht länger Außenseiter“ zu sein. Auch Mumford gehörte damals, wie Basquiat, in seiner Branche zu den wenigen Afroamerikanern, die Erfolg hatten. Das Gedicht sei quasi eine Quittung, sagte De Groft.

          Zweifel weckt auch das Material

          Das hält Beobachter nicht von Spekulationen und Beschuldigungen ab. Die „New York Times“ zitierte einen namentlich ungenannten Kunsthändler, der mit Werken von Basquiat gearbeitet habe, mit den Worten: „Die Art, wie Basquiat Elemente in der Komposition anordnet, hat eine interne Logik, die diesen Bildern fehlt.“ Das Nachlassverwalter-Komitee, das Werke von Basquiat früher authentifizierte, arbeitet nicht mehr – ähnlich wie das Gremium für die Kunst Andy Warhols stellte es seine Tätigkeit nach Rechtsstreitigkeiten ein. Andere Experten, die die Echtheit untersuchen könnten, sind bislang zurückhaltend. Das Auktionshaus Sotheby’s will sich nicht äußern, und Gagosian bezeichnete die Authentizität als zweifelhaft.

          Zweifel weckt auch das Material, auf dem einige der mutmaßlichen Basquiats gemalt sind: FedEx-Versandpappen. Der „New York Times“-Autor Brett Sokol kontaktierte den Marken-Desi­gner Lindon Leader, der 1994 damit beauftragt war, das Logo von FedEx neu zu gestalten. Eines der vermeintlichen Basquiat-Bilder zeige auf der Rückseite die Aufschrift „Versandmarke hier aufkleben“. Leader sagt, dass der entsprechende Schrifttyp im Jahr 1982 noch nicht verwendet worden sei. „Er sollte es wissen“, kommentiert Sokol dazu – und zeigt doch nur auf, dass unabhängige, offiziell beauftragte Fachleute die vermeintlichen Basquiats beurteilen müssten.

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