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Zwei Messen in München : Auf diese Angebote ist Verlass

  • -Aktualisiert am

Zeitlos gut: Die „Highlights“ lockt die Kunstwelt nach München. Fast alle Gebiete von der Antike bis zur Moderne sind vertreten. Zeitgleich findet zum sechzigsten Mal die „Kunst-Messe“ im Postpalast statt.

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          Die „nördlichste Stadt Italiens“ lässt München sich gern nennen, und angesichts der Teilnehmerliste der aktuellen „Highlights“ könnte man den Spruch für bare Münze nehmen. Seit ihren Anfängen kann die internationale, auf Qualität konzentrierte Messe mit einigen italienischen Stammausstellern rechnen. Nun erweitert sich der Kreis unter Federführung des Florentiners Fabrizio Moretti: In neuer Kooperation mit der „Biennale Internationale dell’ Antiquariato di Firenze“ reisten im September Münchner Händler nach Florenz, um jetzt elf jenseits der Alpen tätige Kollegen in der Residenz am Hofgarten zu begrüßen. Die Honneurs am repräsentativen Gemeinschaftsstand der Gäste macht ein „Heiliger Sebastian“, den Ludovico Carracci im Sturm heranfliegender Pfeile malte; Carlo Orsi aus Mailand bietet das monumentale frühbarocke Werk für 1,2 Millionen Euro an. Kollektivstände, geboren aus den knappen Platzverhältnissen der Residenz, sind ein Spezifikum der Messe mit heuer knapp sechzig Händlern, das großartige Kombinationen hervorbringt.

          Etwa bei Salis, Dierking und Dobler, die mit einem minimalistischen Zero-Bild von Hans Bischoffshausen über einer schwingenden, goldgefassten römischen Konsole des frühen 18. Jahrhunderts plus afrikanischer Baule-Maske beweisen, wie exzellent scheinbare Differenzen miteinander auskommen, wenn die Qualität stimmt. Alt und modern verschwistern auch Laue, Sundheimer und Mehringer-Benappi: Auf einer „Relief-Wand“ treffen dort dynamische Metallarbeiten von Norbert Kricke auf Barockes, etwa Ignaz Bendels feinst in Stein geschnittenen heiligen Sebastian in den pflegenden Händen der heiligen Irene (160.000 Euro).

          Starke Moderne, wenig Porzellan

          Neben dem Prachtstück bei Mühlbauer, einer astronomischen Louis-XVI.-Prunk-Pendule des Pariser Uhrmachers Claude Mathieu von 1778, an der die Schwanzspitze einer Eidechse die Zeit anzeigt (485.000 Euro), bietet Esch feine Schaugerichte feil - täuschend echt wirkende Oliven aus Fayence. Zu Kunstkammerstücken und Skulptur hängten Böhler und Blumka ein großes Stück Wandbehang mit wildem Getier um einen grazilen Steinbock, eine Basler Arbeit des 15. Jahrhunderts (180.000 Euro). Die altmeisterliche Façon des Stilllebens zeigt auf das schönste Balthasar van der Alsts Arrangement aus Früchten, Muscheln, Blumen und einer Heuschrecke bei Scheidwimmer (650.000 Euro).

          Bestens aufgestellt erweist sich die Klassische Moderne mit Max Beckmann bei Thomas, mit Baumeister und Nay bei Schlichtenmeier, mit dem fast allgegenwärtigen Feininger bei Utermann oder auch Matarés stattlicher liegender Bronzekuh bei Ludorff (245.000 Euro). Auslassen sollte der Besucher weder Franz Marcs bezauberndes aquarelliertes Pferdchen bei Moeller aus Hamburg noch, am Stand von Thole Rotermund, Noldes Aquarell dreier Frauen, die sich andächtig den benachbarten „Meditationen“ Jawlenskys zuzuwenden scheinen. Schon am Tag nach der Vernissage leuchtete mancher rote Punkt, so auch bei Alexander Kunkel, Spezialist für das 19. Jahrhundert, der ein Medusenhaupt Franz von Stucks im Originalrahmen abgab.

          Fluktuation sorgt für Abwechslung. Bedauerlich ist zwar, dass diesmal ein Messeliebling wie das Wissenschaftliche Kabinett von Simon Weber-Unger aus Wien fehlt. Doch rückt von dort die Galerie bei der Albertina mit österreichischen Klassikern nach und stellt einen mächtigen Planschrank auf, den Josef Hoffmann für die Messeeinrichtung der Leipziger Bugra 1914 entwarf (75.000 Euro). Die Antiken vertritt diesmal nicht Gordian Weber, sondern erneut David Cahn aus Basel: Mit einer sportlich schlanken Venus des schamhaften „Pudica“-Typus begrüßt er den Besucher. Es gibt wenige Gebiete, die die Messe nicht bedient, doch eine Lücke klafft durch das Fernbleiben Röbbigs: Porzellan fällt damit auf den Highlights praktisch aus.

          Das Zweiergespann ergänzt sich

          Umso besser, dass im Postpalast die sechzigste Kunst-Messe München mit drei Porzellanhändlern aufwartet. Bei Elfriede Langeloh reitet zwischen zarten Koppchen und graziösen Opernfiguren August III. von Sachsen für Meissen. Kaendler setzte die große Figur 1745 zum Schmuck der königlichen Tafel auf einen steigenden Schimmel, ein Vermeil-Sockel trägt die stattliche Gruppe (120.000 Euro). Rund dreißig Aussteller gingen unter der prächtigen Kuppel der ehemaligen Pakethalle, mit leichtem Vorlauf zu den Highlights, an den, eher ruhig ausgefallenen, Start; dass man auf Synergieeffekte hofft, ist kein Geheimnis.

          Die Angebote beider Messen ergänzen sich, nicht nur beim Porzellan. So kann im Postpalast Ulf Härtl dem Liebhaber französischer Objekte viele Bilder-, Dekorations- und Möbel-wünsche erfüllen; eine Louis-XV.-Kommode, die Pierre Roussel der Jüngere mit prächtiger Blütenmarqueterie versah, kostet dort 85.000 Euro. Bei Senger überzeugen wieder einmal herrliche Skulpturen, wie jener heilige Martin zu Pferde, der, um 1500 wohl in der Meraner Werkstatt des Hans Schnatterpeck geschnitzt, seinen roten Mantel mit dem Bettler teilt (155.000 Euro).

          Nicht nur der Postpalast nutzt die Highlights als Zugpferd: Dieser Tage eröffnete am Hofgarten das expandierende französische Auktionshaus Artcurial seine deutsche Repräsentanz. Und zu „Stillleben aus vier Jahrhunderten“ lädt nebenan die Galerie Arnoldi-Livie in ihren Räumen ein, gemeinsam mit Beck & Eggeling aus Düsseldorf und Michael Haas aus Berlin.

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