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Bücher und Autographen : Darauf ein Prosit Martin Luthers

  • -Aktualisiert am

Spitzenlos bei Stargardt mit einer Taxe von bis 40.000 Euro: mit „Lutherus“ signiertes Schriftstück, 8 mal 13,5 Zentimeter Bild: Stargardt

Einem Reformator ins Glas und Dichtern über die Schulter schauen: Bei den Auktionen von Handschriften, Büchern und Drucken bei Stargardt, Venator & Hanstein und Koller gibt es für Sammler wieder viel zu entdecken.

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          Ein grünschimmerndes Gefäß aus Thüringer Waldglas mit zahlreichen Noppen, damit es gut in der Hand liegt: So soll das berühmte Trinkglas Martin Luthers ausgesehen haben, von dem bis heute ein gutes Dutzend angebliche Exemplare bekannt sind. Zum Gläserkult um den als geselligen Tischgenossen bekannten Reformator trug eine Überlieferung bei, nach der Luther seinem Freund und Mitstreiter Justus Jonas in Halle ein solches Glas mit folgendem Sinnspruch vermachte: „Ein Glas schenkt Luther, der selbst wie Glas, dem Jonas, der auch wie Glas, damit beide erkennen mögen, dass sie, dem Glase ähnliche, zerbrechlich sind.“ So steht es im lateinischen Original auf einem Zettel Luthers, der am 28. März im Hotel Bristol in Berlin zum Aufruf kommt, wenn das Auktionshaus Stargardt bedeutende Autographen versteigert. Das mit „Lutherus“ signierte Dokument mit bekannter Provenienz wird mit einem Schätzpreis von 40.000 Euro an der Spitze der Auktion stehen.

          Schiller-Autographen haben in der Vergangenheit bei Stargardt gute Ergebnisse erzielt. Diesmal sind unter anderem zwei Briefe im Angebot. Mit Schelling bespricht Schiller kurz Fichtes neuestes Werk über Friedrich Nicolai und lädt den Philosophen zu einer Wallenstein-Aufführung in Weimar und einem anschließenden Abendessen mit Goethe ein. Der Brief von 1801 hat einen Schätzwert von 24.000 Euro. In einem Brief an seinen Freund Christian Körner spricht Schiller weniger freundlich August Wilhelm Schlegel wegen dessen unklarer Diktion das Talent zum Schriftsteller ab (Taxe 20.000 Euro). Von Novalis ist ein Konzeptpapier zu einem seiner „Geistlichen Lieder“ überliefert. Der Text des Gedichts enthält einige Abweichungen, Streichungen und Korrekturen und zeigt so anschaulich den dichterischen Prozess (24.000).

          Bei Venator & Hanstein: Alexander Dunckers Darstellungen von Schlösser und Burgen, 29 mal 38 Zentimeter, Schätzpreis bis 30.000 Euro
          Bei Venator & Hanstein: Alexander Dunckers Darstellungen von Schlösser und Burgen, 29 mal 38 Zentimeter, Schätzpreis bis 30.000 Euro : Bild: Venator & Hanstein

          Die Kunstabteilung wartet mit einer Postkarte von Ernst Ludwig Kirchner auf, die er mit einem eigenen Holzschnitt an den Kunsthistoriker Curt Glaser schickte. (8000). In der Sektion Geschichte stehen sich Briefe von Robespierre und Marie Antoinette aus der Zeit vor der Französischen Revolution gegenüber: Von dem Revolutionär und Anwalt ist ein frühes Schreiben aus dem Jahr 1783 an einen Mandanten erhalten (6000), und die Gemahlin König Ludwigs XVI. bedankt sich 1780 beim Kurfürsten von Köln und Fürstbischof von Münster für dessen Unterstützung (4000) – gut zehn Jahre bevor beide ihren Tod unter der Guillotine finden werden.

          Bei Venator & Hanstein kommen am 24. März in Köln Autographen, Bücher und Grafik zum Aufruf. Hier sorgt der Eingang einer Privatsammlung für ein großes Angebot an illustrierten Büchern des 18. und 19. Jahrhunderts. So zum Beispiel eine von Philibert-Louis Debucourt mit acht kolorierten Kupferstichen ausgestattete Version der Sage um das Liebespaar Hero und Leander. Das 1801 in Paris erschienene Exemplar ist in blaues Maroquin von Rivière & Son gebunden und auf 2000 Euro geschätzt. Eine andere Liebesgeschichte gilt als weiterer Höhepunkt der Auktion: Die Vorlagen für die Illustrationen der 1575 in Paris erschienenen Ausgabe von „Les amours pastorales de Daphnis et de Chloé“ stammen von Herzog Philipp von Orléans, dem Bruder König Ludwigs XIV. höchstpersönlich. 29 Kupfertafeln stammen von Benoît Audran (2000).

          Bei Koller auf 60.000 Franken taxiert: Augsburgische Sammlung mit Darstellungen im Kontext des Erdbebens von Lissabon
          Bei Koller auf 60.000 Franken taxiert: Augsburgische Sammlung mit Darstellungen im Kontext des Erdbebens von Lissabon : Bild: Koller

          Das Spitzenlos aus Köln findet sich unter den Werken zur Geographie. Eine Sammlung von Ansichten der Schlösser und Burgen der preußischen Monarchie, die Alexander Dunckers über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren – von 1857 bis 1883 – herausgegeben hat, wird auf 30.000 Euro geschätzt. Hier bietet sich für Bieter die Gelegenheit, eine nahezu vollständige Kollektion von 320 Lieferungen mit hochwertigen Farblithographien und erläuternden Texten zu den jeweiligen Schlössern und ihrer Geschichte zu erwerben, die wohl von einem eifrigen Sammler zusammengetragen wurde. Dass einige Textblätter nur als Kopie eingebunden sind, lässt darauf schließen, dass einzelne Lithographien separat erworben und ergänzt wurden.

          Insgesamt sind so 837 der fast 1000 Ansichten überliefert: eine reiche Quelle nicht nur für alle, die sich für den preußischen Adel interessieren, sondern auch für die Editionsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Am 29. März schließlich werden auch beim Auktionshaus Koller in Zürich Drucke, Bücher und Autographen versteigert. Darunter befindet sich eine Sammlung von Darstellungen des Erdbebens von Lissabon, das im Jahr 1755 in ganz Europa große Bestürzung auslöste. Augsburger Druckereien produzierten damals zahlreiche Kupferstiche mit Darstellungen der Katastrophe.

          Einige davon wurden von dem Verleger Johan Michael Roth gesammelt und herausgegeben. Bemerkenswert ist die Beigabe von Ansichten europäischer Städte, „worinnen die Erderschütterungen zu verschiedenenmahlen verspüret worden“, darunter ein Grundriss der Stadt Augsburg mit Ansichten ihrer schönsten Gebäude (60.000 Franken). Im Angebot ist auch ein schönes Typoskript von Hermann Hesse, der eine unikale Auswahl seiner Gedichte mit insgesamt 13 Aquarellen versehen hat, darunter Titel wie „An die Freunde in schwerer Zeit“, „Abends“ und „Der Klang“. Das von Hesse 1920 gefertigte Exemplar wird auf 12.000 Franken geschätzt.

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