Auktionen in Berlin : Vor dem großen Sprung
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Taxe 20 bis 30 Millionen Euro: Beckmanns „Selbstbildnis gelb-rosa“, 1943, Öl auf Leinwand, 94,5 mal 56 Zentimeter Bild: Pedrini Photography/Grisebach GmbH
Beckmanns rekordverdächtiges Selbstbildnis beflügelt: Ausblick auf das Angebot moderner und zeitgenössischer Kunst in den Winterauktionen bei Grisebach in Berlin.
Mit Max Beckmanns „Selbstbildnis gelb-rosa“ setzt das Auktionshaus Grisebach am 1. Dezember beim Auftakt seiner Winterauktionen zum Sprung auf internationales Preisniveau für Selbstporträts des Expressionisten an – und auf den Spitzenplatz hiesiger Auktionsverkäufe. Auf 20 bis 30 Millionen Euro ist das Gemälde von 1943 taxiert. Erstmals und danach nicht wieder auf dem Kunstmarkt aufgetaucht ist es 1996. Damals aus dem Besitz der Witwe des Künstlers, Mathilde „Quappi“ Beckmann, kommend, vermittelte es die Berliner Galerie Pels-Leusden, deren Leiter der Grisebach-Mitgründer Bernd Schultz zeitweilig war, für „eine Summe im Bereich einiger Millionen Mark“ an einen privaten Käufer. Nun führt es die Auktion „Ausgewählter Werke“ an.
Diese spannt mit 57 Losen den Bogen vom preußischen Klassizismus bis zum Wiener Aktionismus, von drei vergoldeten bronzenen Nereiden Karl Friedrich Schinkels (Taxe je 50.000 bis 70.000 Euro) bis zu einer blutroten „Kreuzwegstation“ mit Malhemd auf Leinwand von Hermann Nitsch (180.000/240.000). Max Pechstein, Gabriele Münter, Egon Schiele und Wassily Kandinsky stellen Spitzen. Stark vertreten ist der Berliner Impressionist Max Liebermann: Unter den sechs von ihm angebotenen Werken weckt eine 1888 gemalte „Schafherde“ die höchsten Erwartungen (250.000/350.000); ein 1923 gezeichnetes „Selbstbildnis mit Schirmmütze“ (30.000/40.000) gibt Einblick in die Selbstbefragung des Künstlers.
Von Otto Dix, gleichfalls mehrfach vertreten, kommt mit „Katzen, Theodor Däubler gewidmet“ aus dem Jahr 1920 eine der wenigen noch in Privatbesitz befindlichen dadaistischen Arbeiten des Künstlers zum Aufruf. Entsprechend hoch ist der Schätzpreis: 800.000 bis 1,2 Millionen Euro. Mit scharf sozialkritischem Blick wie Dix in anderen Werkphasen fing Georg Kinzer 1930/32 einen „Blinden Bettler (Berlin, Tauentzienstraße)“ in einem Gemälde ein, das 30.000 bis 40.000 Euro einbringen soll. Wieder über die Millionengrenze kommen könnten unter den Skulpturen die 1979/80 von Lynn Chadwick geschaffenen, lebensgroß in Bronze gegossenen „Sitting Figures“, die mit einer oberen Schätzung von 1,2 Millionen an den Start gehen. Wie festgefroren in der Zeit wirkt dagegen George Segals melancholische „Woman on Park Bench“ von 1998 (200.000/300.000).
Am Tag darauf, dem 2. Dezember, kommen in zwei Auktionen weitere 424 Werke der modernen und zeitgenössischen Kunst unter den Hammer. Landschaften der klassischen Moderne und des Expressionismus bereichern in großer Bandbreite die Offerte. Figuren in ekstatischer Kreisbewegung zeigt dagegen Ludwig von Hofmanns um 1905 in Öl gemalter „Reigen“ (40.000/60.000). Rosemarie Trockel setzt ein besonderes Highlight bei den Zeitgenossen: Monochrom tiefblau ist ihr 1990 geschaffenes monumentales Strickbild, das auf 300.000 bis 400.000 Euro taxiert ist. Auf andere Weise entkernte A.R. Penck 1986 den Musentempel: Schwarz auf Weiß malte er eine Tempelfassade in wenigen Pinselzügen neben ein Strichmännchen (150.000/200.000). Die Fotografieauktion findet in diesem Winter ausschließlich online statt. Für die drei Live-Auktionen beläuft sich die mittlere Gesamtschätzung auf 42,5 Millionen Euro.