Auktionshaus Phillips : Rechnen mit russischen Variablen
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Zahlen, die nicht so gut waren wie gedacht: Eröffnung der „Not Now“ Auktion bei Phillips 2022 Bild: EPA
Wie gut geht es dem Auktionshaus Phillips, das einer russischen Gruppe gehört, wirklich? Der Jahresbericht 2021 lässt Zweifel daran aufkommen, dass alles zum Besten steht.
Kaum hat das in London beheimatete Auktionshaus Phillips seine neue Niederlassung in Hongkong mit einer 45-Millionen-Dollar-Abendauktion eingeweiht, überschattet schlechte Presse aus der Heimat das optimistische Engagement in Asien: Der britische „Guardian“ wirft einen Blick in den Jahresbericht 2021 des Unternehmens, sieht Zahlen, die nicht so gut waren wie gedacht, und schaut weiter nach Russland. Seit 2012 befindet sich die 1796 in London gegründete Firma in russischem Besitz – genauer gesagt, der Mercury Group, des größten russischen Luxusgüterkonzerns. An dessen Spitze stehen die Geschäftsmänner Leonid Friedland und Leonid Strunin.
Der Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine hat diese Eigentümerschaft nicht gerade zu einem Bonus bei Geschäften im Westen gemacht, obwohl weder Strunin noch Friedland auf Sanktionslisten stehen und von Russland und Monaco aus stillschweigend Distanz zum Kreml halten. Kurz nach Ausbruch des Kriegs verurteilte Stephen Brooks, der Vorstandsvorsitzende von Phillips, sogar offen den Überfall auf die Ukraine.
Das Unternehmen betonte, sich strikt an Sanktionen zu halten, und spendete die Kommissionsgelder der Londoner Frühjahrsauktionen 2022 dem ukrainischen Roten Kreuz. Ende 2021 hatte Phillips, wie seine beiden größeren Konkurrenten, Spitzenzahlen vorgelegt: einen Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Dollar, das beste Ergebnis der Firmengeschichte. Das folgende Jahr brachte trotz einzelner gegen Phillips gerichteter Boykottaufrufe wie des Appells Anish Kapoors keinen Einbruch, im Gegenteil: Am Ende stand die unter Verweis auf starke Privatverkäufe veröffentlichte noch höhere Jahresumsatzzahl von 1,3 Milliarden Dollar.
Doch Umsatz ist nicht gleich Gewinn. Dem Jahresreport 2021 zufolge, den Phillips im März – mit Verspätung – beim Companies House fürs britische Unternehmensregister eingereicht hat und aus dem der „Guardian“ zitiert, schuldet das Unternehmen seiner Muttergesellschaft mehrere Dutzend Millionen Pfund, was es, wie Wirtschaftsprüfer anmerken, abhängig von Garantien seiner russischen Eigentümer macht. An deren Leistungsfähigkeit weckt die Weltlage Zweifel.
Der Bericht vermerkt unter Risiken den Krieg in der Ukraine. Er offenbart überdies, dass die Muttergesellschaft von Phillips neun Tage vor Kriegsausbruch in eine Gesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln umgewandelt wurde; zuvor war sie auf den Seychellen registriert. Das Auktionshaus äußert sich auf Nachfrage nicht zu dem Bericht. In der britischen Presse lässt es sich damit zitieren, dass Phillips’ Entwicklung zu einem bedeutenden Auktionshaus „erhebliche Kapitalinvestitionen“ der Muttergesellschaft erfordere, die aber zu gegebener Zeit zurückgezahlt werden könnten. Am Rückhalt der russischen Eigentümer will man keinen Zweifel aufkommen lassen.