Moderne und alte Kunst : Turm der Mütter
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Starke Gebote für moderne und alte Kunst - Kollwitz, Kubin, Egger-Lienz und ein anonymer Hund - die Ergebnisse von Bassenge in Berlin.
Eine Graphik, eine Zeichnung, sogar eine Skulptur von Käthe Kollwitz zu besitzen ist der Wunsch aller Verehrer dieser außerordentlichen Künstlerin, die im Gegensatz zu den formalen Innovationen ihrer Kollegen berührende Inhaltlichkeit bot. Dass ihre "Gemeinde" die hohen Preise akzeptiert, bewies die Versteigerung von Werken aus fast fünfzig Schaffensjahren, die in der Auktion bei Bassenge in Berlin zum Ausruf gelangten. Insgesamt auf 350.000 Euro geschätzt, erbrachten 52 Lose, bei vier unbedeutenden Rückgängen, mehr als eine Million Euro.

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Ihrem Sammlungsauftrag entsprechend, bemühten sich die beiden Kollwitz-Museen in Berlin und Köln intensiv um ein frühes Studienblatt mit zwei Selbstbildnissen, das am Ende weit oberhalb der Taxe von 25.000 Euro bei 140.000 Euro einem kalifornischen Sammler zufiel. Dagegen gelang es der rheinischen Gedenkstätte für die Berliner Realistin, den erschütternden "Abschied" einer Mutter von ihrem toten Kind, vormals Bestandteil der Sammlung Schocken, für 115.000 Euro (Taxe 25.000) zu erwerben. Ein Kölner Interessent bewilligte 53.000 Euro (9000) für die Darstellung einer "Mutter, Säugling an ihr Gesicht ziehend".
Ein Reeder lässt bieten
Unter den postum bei Noack gegossenen Skulpturen war die "Pietà" von 1937/38 einem Münchner Verleger 75.000 Euro (35.000) wert. Der Wiener Sammler Rudolf Leopold investierte 50.000 Euro (20.000) in den "Turm der Mütter"; ein amerikanischer Bieter bezahlte 44.000 Euro (12.000) für die dem Selbstporträt der Kollwitz eingeschriebene "Klage" um den befreundeten Bildhauer Ernst Barlach. Das Relief für die eigene Familiengrabstätte in Berlin-Friedrichsfelde, "Ruht im Frieden seiner Hände", wurde bei 32000 Euro (12.000) abgegeben. Bei der Kunst des 20. Jahrhunderts erwarb der allgegenwärtige Abgesandte eines griechischen Reeders mit musealen Ambitionen für 59.000 Euro (25.000) Kirchners lässig kolorierte Federzeichnung "Siesta der Frauen".
Hohe Preise erzielten auch zwei marktfrische Blätter von Grosz, dessen frühe Rohrfederzeichnung "Bettler und Junge" von 12.000 auf 55.000 Euro emporschnellte. Die höchste Bewertung erfuhr mit 215.000 Euro (35000) die vom Wiener Handel übernommene "Studie einer Dame in eleganter Robe" von Klimt. Von zahlreichen Bietern begehrt waren drei kleine Bilder und eine Zeichnung des österreichischen Grusel-Spezialisten Alfred Kubin, dessen "Fabelwesen" 60.000 Euro (7500) einspielte - und damit teurer war als der für 48.000 Euro (50.000) in den rheinischen Handel verkaufte "Heckengarten" Max Liebermanns. Ein Duell um zwei Lithographien des Tirolers Albin Egger-Lienz lieferten sich die Wiener Zelebrität Leopold und ein oberbayerischer Privatier, den der Zuschlag beider Blätter - "Zwei Mäher" und "Rufender Mönch" - mit 33.000 Euro teuer zu stehen kam.
Lückenlos versteigern ließ sich die aus Los Angeles übernommene Altmeister-Sammlung Engel. Für eine Überraschung sorgte beim Ausruf der Druckgraphik des 18. Jahrhunderts der Entwurf eines Grabmonuments "mit thronendem Tod als Sphinx und Weltenherrscher" von Louis-Jean Desprez, für die ein New Yorker Sammler 15.000 Euro (4000) bewilligte. Ein skurriler "Hund, sich am Kopf kratzend", anonym als "Niederländisch, um 1600" angeboten, ging für 18.000 Euro (3000) nach Genf. Die Zeichnungen des 19. Jahrhunderts kulminierten in einem Knabenporträt Wilhelm Leibls, "Der Sohn des Dr. Reindl", das der Berliner Sammler Otto Gerstenberg 1931 erworben hatte: Vor wenigen Monaten vom Kunstmuseum Mülheim an die Erben des Vorbesitzers restituiert, erzielte das auf 12.000 Euro taxierte Bildnis 65.000 Euro.