Auktionen : So viel Liebermann war nie
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Das Münchner Auktionshaus Hampel spielte auf dem umkämpften Feld der Klassischen Moderne bislang keine Rolle. Doch nun ist das Unternehmen mit der Versteigerung der wohl größten Liebermann-Privatsammlung beauftragt.
Im stillen wuchs in Bayern die wohl größte private Sammlung von Werken Max Liebermanns bundesweit. Bereits in der Eingangshalle, so erzählen begeisterte Besucher von Gut Sossau am Chiemsee, hingen kapitale Gemälde des großen Berliners, der seine schönsten Sujets im Freien unter nördlichen Himmeln fand. Nun wird die Sammlung versteigert, und das wirbelt im Vorfeld in mehreren Ecken Staub auf.
„Von wem ist dieser Reiter?“ fragte Hans-Georg Karg vor einem Liebermann-Werk im Münchner Handel, das vor gut dreißig Jahren der Auslöser seiner vollkommen monographisch ausgerichteten Sammelleidenschaft war: Bernd Schultz, Geschäftsführer der Berliner Villa Grisebach, nennt die erste Begegnung Kargs mit „seinem“ Maler eine „Herzenssache“, die sich im Erwerb von rund dreißig Gemälden, einer Menge Papierarbeiten und etlicher Autographen vertiefte. Schultz kennt die Kollektion gut; als Händler und Berater in Sachen Liebermann begegnete er Karg oft, und als er das Liebermann-Werkverzeichnis initiierte, konnte er den Sammler als überaus großzügigen Finanzier gewinnen. Doch seine Zuversicht, dereinst - wie von Karg in Aussicht gestellt - an einem Verkauf der Sammlung beteiligt zu sein, wurde enttäuscht. Denn das Liebermann-Konvolut des 2003 verstorbenen Karg wird nicht in Berlin versteigert, auch nicht in einem der anderen einschlägig erfahrenen und erfolgreichen deutschen Häuser. Und auch die global players Sotheby's und Christie's schauen in die Röhre.
Der Erfolg des ehrgeizigen Außenseiters
Statt dessen nimmt das Münchner Auktionshaus Hampel die Kollektion am 22. September unter den Hammer - Kunstmarkt-Kreise reagieren irritiert und lernen die Lektion vom Erfolg des ehrgeizigen Außenseiters. Warum dieses vergleichsweise junge Haus, das auf dem umkämpften Feld der Klassischen Moderne bislang keine Rolle spielte? „Ganz einfach“, sagt Rechtsanwalt Peter Lex als Vorsitzender des Stiftungsrats der „Karg-Stiftung für Hochbegabtenförderung“, die Erbin und Einlieferin der Liebermann-Sammlung ist: „Hampel hat uns ein nicht zu überbietendes Angebot gemacht.“ Auch habe es bei anderer Gelegenheit mit Erfolg, Abwicklung und „hoher Repräsentationsqualität“ überzeugt. Außerdem, so wundert sich Lex, gab es nur zwei Bewerber um die Liebermann-Sammlung: Christie's, wo man auch eine Schätzung vornahm, und eben Patrick Hampel, Junior des glücklichen Hauses. Der beteuert, die Anerkennung seines jungen Unternehmergeists und die große Sprungchance in die Oberliga seien ihm den Verzicht auf Einlieferer-Provision allemal wert. Freilich ist hier anzumerken, daß Einlieferer, im Bestreben nach dem bestmöglichen Ergebnis für sich, nie schlecht beraten sind, selbst aktiv auf einschlägig erfahrene Auktionshäuser zuzugehen; denn eingesparte Provisionen sind das eine, erprobte internationale Netzwerke das andere.
Kommentarlos und sportlich
Nun will man zwar in Erfahrung gebracht haben, daß „achtzig Prozent der Liebermann-Käufer in Deutschland sitzen“, rührt aber mit 80 000 Broschüren, Anzeigen und einer speziellen Website sicherheitshalber auch international die Werbetrommel: Sotheby's, wo man übrigens „keinen Kommentar“ zur verpaßten Chance abgeben mag, und Christie's, wo man die Absage sportlich nimmt, wie auch den deutschen Konkurrenten bleibt also nur übrig zuzuschauen, ob es Hampel gelingt, die Chance zu nutzen. Die Taktik, den ganzen Block in einem einzigen sale anzubieten, scheint förderlich; denn event-Stimmung stimuliert erfahrungsgemäß, und vor Übersättigung schützt die Vielfalt des Angebots.