Auktion mit Banksy in Zürich : Verliebter Vogel trifft Blumenwerfer
- -Aktualisiert am
Zuschlag bei 147.000 Franken: Banksys „Flower Thrower Triptych (Grey)“, 2019, Farbserigrafie auf recyceltem Karton Bild: Koller
Banksys „Flower Thrower“ sollte nach dem Willen des Künstlers in London Ladendiebe beflügeln. Ganz legal geht es in Zürich zu: Dort zählt eine Version des Werks zum Angebot moderner und zeitgenössischer Kunst im Auktionshaus Koller.
Vor ein paar Tagen sorgte ein Instagram-Aufruf von Banksy für Wirbel: Der britische Graffitikünstler forderte Ladendiebe auf, sich beim Modelabel Guess zu bedienen. Hintergrund war die – nach Banksys Darstellung nicht autorisierte – Verwendung eines Motivs des Künstlers im Schaufenster des Londoner Geschäfts. Es handelt es sich um den „Flower Thrower“, den Banksys erstmals 2003 in Beit Sahour im Westjordanland auf eine Hauswand sprühte; mittlerweile ist das Motiv ikonisch: ein maskierter junger Mann in Wurfbewegung, der statt eines Molotowcocktails oder eines Steins einen Blumenstrauß zu schleudern im Begriff ist.
Unzählige Male kopiert, hat auch der Künstler, der derzeit mit Graffiti in der Ukraine Aufmerksamkeit erregt, selbst unterschiedliche Werke basierend auf diesem Wandbild geschaffen. Bei Koller kommt nun die Farbserigraphie „Flower Thrower Triptych (Grey)“ von 2019 zum Aufruf, wohl Banksys aktuellste Umsetzung. Dabei zerteilt er das Wandbild in drei Detailansichten, jeder Ausschnitt ist für sich gerahmt. Die Darstellung als Triptychon verleiht dem Ganzen den Charakter eines altmeisterlichen Tafelbilds. 180.000 bis 240.000 Franken soll die Arbeit einspielen und führt preislich die Auktion mit Grafik am 1. Dezember an (Exemplar von 300).
Am selben Tag kommen auch 113 Lose der Zeitgenossen bei Koller in Zürich unter den Hammer. Die beeindruckende, goldpatinierte Bronzekugel mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern fertigte Arnaldo Pomodoro 1966. „Sfera“ gehört zu seiner bekanntesten Werkreihe, den Sphären, in denen er ein perfekt poliertes Äußeres mit Verletzungen im Inneren kontrastiert (Exemplar von zwei; Taxe 150.000 bis 200.000 Franken). Von Zdeněk Sýkora kommen zwei seiner typischen Linienbilder, „No. 8 – Trio Op 2“ von 1978 (150.000/250.000) und „Linie No 65“ aus dem Jahr 1990 (70.000/90.000), zum Aufruf. Von 1973 an entwickelte der tschechische Computerpionier ein System, das auf dem kalkulierten Zufallsprinzip beruhend die Grundlage dieser Werke bildet.
Mit ihren sinnlich-opulenten Frauenfiguren wurde Niki de Saint Phalle weltberühmt. Eine dieser „Nanas“ ziert auch die Oberfläche der 155 Zentimeter hohen und bunt bemalten Polyesterskulptur eines adlerähnlichen Vogels „L’Oiseau Amoureux“, die die französisch-schweizerische Künstlerin Anfang der Neunzigerjahre schuf (140.000/180.000).
Tags darauf, am 2. Dezember, geht Schweizer Kunst an den Start – wieder einmal mit einem hochkarätigen Gemälde von Albert Anker als Spitzenlos. Sein „Kartoffelschälendes Mädchen„ von 1886 ist eine besonders hübsche Darstellung einer alltäglichen Arbeit, die hier fast zu einem Akt der Meditation wird (900.000/1,4 Millionen).
In Cuno Amiets kniender nackter Allegorie „Die Wahrheit“ von 1913 – ursprünglich als mittleres Bild einer mehrteiligen Komposition für das Zürcher Kunsthaus konzipiert – ist Ferdinand Hodlers Einfluss auf den Künstler offensichtlich (800.000/1,2 Millionen).
Zwei Jahre später malte Félix Vallotton einen weiblichen Akt, ebenfalls in kniender Haltung, doch dem Betrachter abgewandt, der heute noch Rätsel aufgibt: „Femme nue agenouillée devant un canapé rouge“ (500.000/700.000). Ferdinand Hodler porträtierte 1910/11 Guilia Leonardi, eines seiner Lieblingsmodelle (300.000/500.000).
Den Abschluss des Auktionsreigens bilden die Impressionisten und moderne Kunst, ebenfalls am 2. Dezember in Zürich: An der Spitze der Offerte mit 74 Losen steht eine frühe abstrakte Arbeit František Kupkas, bei der die rote Farbgebung im Vordergrund steht (350.000/500.000).
Lovis Corinth hielt in dicken, pastosen Pinselstrichen 1924 eine „Nacht in Walchensee“ fest, dem bayerischen Ort, den der Künstler mit seiner Frau Charlotte erstmals 1918 besuchte und dessen Natur ihn so faszinierte, dass er sich am Berghang ein Landhaus bauen ließ (200.000/300.000).
Zum Rätsel der Stunde kehrt Giorgio de Chirico um 1970 in seinem gleichnamigen Ölgemälde noch einmal zurück, hatte der Künstler doch bereits 1912 sein erstes Bild „L’enigma dell’ora“ gefertigt, das kurz darauf im Pariser Salon des Indépendants ausgestellt wurde (140.000/180.000). Zusammen sollen Kollers Auktionen etwa elf Millionen Franken umsetzen.