In der Ruhe liegt die Kraft: Fede Galitias Ölbild „Judith mit dem Haupt des Holofernes“, 127 mal 95,5 Zentimeter, Taxe 200.000 bis 300.000 Euro Bild: Dorotheum
Altmeisterauktionen in Wien : „Old Masters“ können auch Frauen sein
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Nicht nur Artemisia Gentileschi war eine bemerkenswerte Malerin des Barockzeitalters. Im Wiener Dorotheum lassen sich Werke weiterer Künstlerinnen entdecken – und erwerben.
Bühne frei für die „Old Mistresses“: Das Wiener Dorotheum ist mit seiner Offerte alter Kunst am Puls der Zeit und bietet Gemälde von acht Künstlerinnen an. Fast alle waren Töchter von Malern – ohne familiäre Verbindung zu einer Werkstatt konnte eine Frau einst kaum Künstlerin werden. Schon 2018 reüssierte das Dorotheum mit Artemisia Gentileschi, als deren „Lucretia“ auf 1,6 Millionen Euro gehoben wurde. Die aktuelle Malerinnenriege führt Fede Galizia mit ihrem auf 200.000 bis 300.000 Euro taxierten Ölbild „Judith mit dem Haupt des Holofernes“ an. Als früh gefördertes Talent wurde die 1578 geborene Tochter eines Miniaturisten mit Stillleben und Porträts bekannt. Doch sie widmete sich auch mehrfach der israelitischen Rächerin. Die Mailänderin setze ihre Signatur auf den Saum des Sacks, den die schwertbewehrte Judith über einer Schulter trägt.
Von Artemisia Gentileschi liegt die gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter Onofrio Palumbo geschaffene Szene „Abraham und die drei Engel“ vor. Das zwei Meter breite Bild demonstriert die Qualität von Gentileschis neapolitanischer Werkstatt und geht um 150.000 bis 200.000 Euro an den Start. Die Nonne und Manieristin Orsola Maddalena Caccia hat die „Heilige Katharina von Alexandrien“ in intensive Rottöne getaucht (Taxe 20.000 bis 30.000 Euro), während die in Neapel sehr anerkannte Diana de Rosa eine „Heilige Cäcilia“ mit Geige und singenden Engeln präsentiert (30.000/40.000). Von Barbara Longhi, über die man wenig weiß, stammt die „Heilige Familie mit Johannesknaben“ (30.000/40.000). Die exquisiten Stillleben von Giovanna Garzoni erzielten im Dorotheum wiederholt gute Zuschläge, nun kommt ein mit Tempera auf Velin gemaltes Früchtestillleben zum Aufruf (25.000/35.000). Florale Pracht bieten die beiden Bouquets von Elisabetta Marchioni (20.000/30.000 Euro).
Sebastian als Poster-Boy
Noch eine zweite Judith mit Holofernes hat die Auktion zu bieten, diese doppelt so hoch taxiert. Der wenig bekannte Caravaggist Bartolomeo Mendozzi taucht den Akt der Enthauptung in Dunkelheit und setzte Lichtakzente auf das Dekolleté der Täterin und die Brust ihres Opfers (400.000/600.000). Neben der italienischen Dominanz steuert der Niederländer Hendrick ter Brugghen einen seiner gefragten „Lautenspieler“ (ebenfalls 400.000/600.000). Den Poster-Boy der Auktion liefert die Werkstatt von Perugino mit einem halbfigurigen „Heiligen Sebastian“ (300.000/400.000).
Die Sparte 19. Jahrhundert trumpft mit einer Haremsdame des türkischen Malers, Archäologen und Museumsgründers Osman Hamdi Bey auf. Sein züchtiger „Blick in den Spiegel“ zeigt eine Frau beim Kopftuchbinden und dürfte zwischen 1880 und 1890 entstanden sein. Die starke Nachfrage nach Beys Werken und die elegante Komposition rechtfertigen die Taxe von 1 bis zu 1,4 Millionen Euro. Edle Details und Strukturen zeichnen auch Raphael von Ambros’ „Wächter“ aus, ein ganzfiguriges Bild eines afrikanischen Eunuchen (40.000/60.000). Zwei unartige Italienerinnen stellte der Genremaler Eugen von Blaas in „Die Neugierigen“ 1897 dar, wie sie über eine Mauer spähen (120.000/160.000). Dazu passen die beiden Grazien des Salonmalers Vittorio Corcos in „Ein gefiederter Freund“ (40.000/60.000). Nathaniel Sichel schlägt mit seiner „Dalmatinerin“ eine dunklere Verführungsnote an (14.000/ 18.000). Zwei Wienerinnen steuern strahlende Landschaften bei: Marie Egners „Tirol, Alpenwiesen“ (25.000/35.000) und die „Abendstimmung in Fiume“ von Olga Wisinger-Florian (30.000/40.000).