Gurlitts Erben : Wir wollen Wiedergutmachung
- -Aktualisiert am
Schnelle Restitution bei NS-Raubkunst
Uta Werner hat offenbar im Erbschaftsfall nicht vor, die Werke, die ihr Cousin Cornelius Gurlitt bis 2012 wie einen Schatz hütete, zu behalten oder auf eigene Rechnung zu verkaufen. Die Bilder von Louis und Cornelia Gurlitt sollen dem Vernehmen nach Museen gestiftet werden. Für den Nachlass von Cornelius Gurlitt sen., darunter Skizzenbücher, Tagebücher und Büsten, ist dessen Heimatstadt Dresden im Gespräch. Für das Konvolut aus der Aktion „Entartete Kunst“ - hauptsächlich expressionistische Papierarbeiten und Druckgrafiken - denken die Mitglieder der Familie Gurlitt entweder an jeweils einzelne Rückgaben an die Herkunftsmuseen oder an eine Gesamtstiftung an ein einzelnes Haus. Entscheiden soll in Absprache mit den betroffenen Museen ein noch zu benennender Fachbeirat.
Zunächst allerdings soll die gesamte Sammlung mit allen zugänglichen Informationen im Internet publiziert werden, um möglichen Anspruchstellern Gelegenheit zu geben, sich zu melden. Dass ermittelte NS-Raubkunst schnell und unbürokratisch an die legitimen Eigentümer restituiert werde, hatte nicht nur Cornelius Gurlitt noch kurz vor seinem Tod erklärt. Auch seine Familie hat sich dazu bereits mehrfach öffentlich verpflichtet.
Für Kunstwerke unter Raubkunstverdacht - laut Abschlussbericht der sogenannten „Task Force“ zurzeit zehn, aber auch für mögliche weitere - würden nach Angaben der Familie sofort vertiefende Provenienzrecherchen in Auftrag gegeben. Kontakt zu entsprechenden Forschern gebe es bereits - darunter nach Recherchen dieser Zeitung auch solche, die vorher bereits für die „Task Force“ gearbeitet haben. Zwei internationale Organisationen sollen diese Arbeit überwachen und selbst daran teilnehmen. Eindeutig „saubere“ Bilder würden zum Teil zweckgebunden verkauft werden müssen, um die anfallenden Kosten und das Personal zu bezahlen.
„Wiedergutmachung“ dort, wo möglich
Für die verbleibenden Werke denkt die Familie über karitative Zwecke nach, sagt Uta Werner. Vorbild könnte die „Mauerbach-Auktion“ von 1996 sein, bei der die Israelitische Kultusgemeinde Wien Tausende vom Staat übergebene Kunstwerke zugunsten von NS-Opfer-Organisationen versteigern ließ, deren Eigentümer angeblich nicht mehr festgestellt werden konnten: „Mein Vater musste seine kostbare Sammlung musikwissenschaftlicher Bücher verkaufen, weil die Nazis ihn aus der Universität geworfen hatten und er seine Familie nicht mehr versorgen konnte. Ich wurde die letzten Kriegsmonate vor der Gestapo versteckt, weil meine Mutter Jüdin war. Ich weiß also aus eigener Erfahrung ganz gut, wie es sich anfühlt, wenn man dem Terror des Naziregimes ausgesetzt war.“ Man könne das, was geschehen sei, nicht ungeschehen machen, aber dort, wo man heute noch „eine Andeutung von Wiedergutmachung“ zeigen könne, solle man es tun. Willibald Gurlitt, der Onkel von Cornelius Gurlitt und Vater von Uta Werner, wurde 1937 als Universitätsprofessor entlassen, da er mit einer Jüdin verheiratet war.
Die juristische Wertfestsetzung des Gesamtvermögens von Cornelius Gurlitt, zu dem nicht nur Kunstwerke, sondern auch Geld und Immobilien zählen, lag bei seinem Tod im Mai bei 7,6 Millionen Euro.