Samurai-Museum in Berlin : Schlachtenlärm und Shamisen
- -Aktualisiert am
Schon das Zahnwerk ist abschreckend genug: No-Maske eines rachsüchtigen Geistes Bild: Samurai Museum
Was wir heute unter japanischer Kunst verstehen, geht ästhetisch auf eine sehr bestimmte und alte Krieger- und Kulturkaste zurück: Am Sonntag eröffnet ein den Samurai gewidmetes Museum in Berlin.
Als Peter Janssen vor ein paar Jahren durch Japan reiste, stieß er bei Nagoya auf eine vor dem Abriss stehende Samurairesidenz aus dem achtzehnten Jahrhundert. Kurzentschlossen kaufte der begeisterte Sammler das gewaltige hölzerne Hoftor – ohne die leiseste Ahnung, wo es einmal seinen Platz in Deutschland finden würde. Jetzt hat es ihn gefunden: Durch das schwere doppelflügelige Portal betritt man aus dem Foyer den Ausstellungsbereich des Samurai-Museums in Berlin. Und dahinter tut sich eine andere Welt auf.
Leicht gesagt bei einem Thema wie den Samurai. Aber weitaus schwerer getan bei all den Klischees, die es über sie gibt. Japanische Kriegerkaste – so viel weiß jeder. Aber dass die Samurai auch die japanische Kulturkaste waren, ist schon weniger bekannt. Theater, Literatur, Malerei, Musik waren bis vor vierhundert Jahren Privileg dieser Gesellschaftsschicht. Was wir heute unter japanischer Kunst verstehen, geht also ästhetisch auf die Samurai zurück, wenn sich auch mit dem Erstarken der Kaufleute in der Edo-Zeit eine bürgerliche Kultur entwickelt hat, die auf das frühere Raffinement aufbaute und es um Lebensnähe bereicherte – ukiyo (die fließende Welt) lautet die japanische Umschreibung für all das, was nicht im Zeichen des Todes steht. Ukiyo war nicht Gegenstand der Kriegerkultur. Aber umso schöner geriet die Stilisierung in der Kunst der Samurai. In ihr ist die Ewigkeit das Maß, denn aufs Irdische war kein Verlass.
Davon erzählt das Samurai-Museum, zum Beispiel mit einer geschlossenen Brautsänfte, in der die Benutzerin ein gemaltes allegorisches Bildprogramm vorfand, weil der Blick nach draußen gar nicht lohnte. Zu Beginn aber gibt es erst einmal einen interaktiven historischen Crashkurs auf mehreren Sinnenebenen. Hinter dem Hoftor wechseln sich Schlachtenlärm und Shamisen-Lautenmusik ab, weil eine bunt blitzende Videoinstallation in zehn Minuten einen Abriss der japanischen Geschichte bietet, der individuell durch zahllose Touchpad-Felder mit Einzelfakten ergänzt werden kann. Etwas allgemeiner geht es daneben an einer Wand zu, auf der bei Berührung schwarz-weißer Umrisszeichnungen Informationen über Aspekte des japanischen Gesellschaftslebens aufscheinen: von Buddha bis Shogun und von Frauen bis Bauern. Darüber sorgt ein raumbreites Triptychon mit stummen Projektionen klassischer Szenen aus Samuraifilmen für atmosphärische Einstimmung. Wer durch diese Klang-, Bilder- und Informationsflut gegangen ist, dürfte gerüstet sein für das, was kommt: die Sammlung von Peter Janssen, der in vier Jahrzehnten viertausend Objekte zusammengetragen hat, von denen nun tausend zu sehen sind.
Über den technischen Standard, den das Museum setzt
Es ist nicht die erste Präsentation dieses Bestands; schon 2018 öffnete Janssen einen dreihundert Quadratmeter großen Ausstellungsraum an der Berliner Clayallee. Doch das neue, viel größere Haus liegt mitten in Mitte, in der Auguststraße, gleich neben den Kunst-Werken (heute nur noch KW); zuvor diente das Gebäude der Sammlung Olbricht als Domizil. Es ist also ein eingeführter Kunstort, und deshalb griff Janssen zu, als Olbricht vor zwei Jahren seine Kollektion aus Berlin abzog, ließ die Räumlichkeiten umbauen, um einen Rundgang über zwei Etagen zu ermöglichen, und engagierte Ars Electronica aus Linz, um eine zeitgemäße Präsentationsform zu bekommen, die sowohl Laien als auch Spezialisten etwas bietet. Über alle Generationen hinweg.