Unheimlicher Kippmoment: Jacobus Vrels „Frau am Fenster, nach einem Kind schauend“, nach 1656. Bild: Fondation Custodia
Flaschenpost der Leere
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Seine Bilder wurden immer wieder fälschlich Vermeer zugeschrieben. Dabei hat Jacobus Vrel seine atmosphärischen Interieurs Jahrzehnte früher erschaffen. Das Mauritshuis deckt einige Mysterien des Barockmalers auf.
Warum versteckt ein niederländischer Maler des siebzehnten Jahrhunderts seine Signatur auf einem Stoffstreifen, den er durch den Bildraum fliegen lässt? Geworfen aus einem Fenster von einem Mann, in dem er sich selbst zu porträtieren versuchte? Zitiert er die Spruchbänder im Mittelalter oder die auf Papierseiten gekritzelten Signaturen italienischer Renaissancekünstler? Auch wenn es zu seiner Zeit nicht unüblich war, mit der eigenen Autorschaft Versteck zu spielen, erstaunt das Ausmaß der Geheimnistuerei.
Es gibt nur fünfzig Kunstwerke, die Jacobus Vrel zugeschrieben werden. Dreizehn von ihnen sind jetzt in der Ausstellung „Vrel, Vorläufer von Vermeer“ zu sehen. Das ist überschaubar, reicht aber, um ein Gefühl für seine sich erst auf den zweiten Blick entpuppende eigenwillige Handschrift zu bekommen. Gleich mehrere Gemälde überraschen mit dem Motiv eines aus der Dämmerung auftauchenden Kindes, das hinter einer Fensterscheibe in einen kargen Wohnraum hineinschaut. Oder ist es das Jenseits? Drinnen liest eine Frau seelenruhig ein Buch. Eine andere wendet sich dem gespensterhaften Voyeur zu und kippt dabei fast vom Stuhl. Eine Dritte döst am Kamin und genießt das Nichtstun. Nicht wenige Figuren wirken introvertiert. Sie wenden sich vom Betrachter ab oder schauen wie hypnotisiert durch die offene Tür.
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