Umgang mit afrikanischem Erbe : Die Zukunft des Kulturbesitzes
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In Frankreich wie auch anderswo in Europa löst allein schon das Wort „Restitution“ einen Abschottungs- und Abwehrreflex aus. Diesen Reflex führte François Mitterand 1994 vor, als er Helmut Kohl für die Rückgabe von 27 französischen Gemälden dankte, die während des Kriegs von den Nationalsozialisten geraubt worden waren. Er erklärte: „Die Kuratoren in unserem Land, die für unsere großen Museen Verantwortlichen, dürften heute Abend eine gewisse Unruhe empfinden. Und wenn das zur Regel würde? Ich riskiere nicht zu viel, wenn ich denke, dass dieses Beispiel eine große Ausnahme bleiben und die Ansteckung rasch zum Stillstand kommen wird.“
Restitution und Ansteckung, politische Vorsicht und Angst der Museen: wir gehören zu einer Generation, die nur schmerzhafte oder in zähen Kämpfen erstrittene Restitutionen kennt. Niemand in Frankreich hat den Grabenkrieg vergessen, der 2010 von den Konservatoren der Bibliothèque Nationale de France geführt wurde, als Nicolas Sarkozy sich am Rande von Wirtschaftsverhandlungen dafür einsetzte, dass nahezu dreihundert kostbare Handschriften an Südkorea zurückgegeben wurden, die 1866 während einer französischen Strafexpedition erbeutet worden waren. In Italien vergisst niemand die Verhandlungen, die sich über ein halbes Jahrhundert hinzogen, bevor man den Obelisken von Axum an Äthiopien zurückgab, den Mussolini 1937 geraubt hatte. Und in Berlin möchte niemand eines Tages das riesige fossile Skelett des größten Dinosauriers der Welt, des Brachiosaurus Brancai, an Tansania zurückgeben, das man 1912 aus dem damaligen deutschen Protektorat nach Berlin holte.
Es ist einigen dieser Objekte vorbestimmt, nach Afrika zurückzukehren
Kann man sich unter diesen Umständen überhaupt glückliche und einvernehmliche Restitutionen vorstellen, die im Interesse der Völker wie auch der Objekte erfolgten? Kann man sich Restitutionen vorstellen, die nicht rein strategisch, politisch oder wirtschaftlich, sondern wirklich kulturell motiviert wären – kulturell im ursprünglichen Sinne des lateinischen Verbs colere, das „pflegen“, „bebauen“ und „ehren“ bedeutet? Die in Ouagadougou gemachte Ankündigung scheint zu sagen: ja. Sie bezieht ihre Kraft aus einem Generationenwechsel. Sie sagt, dass es möglich sei zu teilen. Und dass Afrika ein Sonderfall sei. Und gegen alle Erwartungen führt sie nicht zu den institutionellen Abwehrreaktionen, an die uns die Diskussionen der vergangenen Jahre gewöhnt hatten. Im Gegenteil: Von den Medien zu einer Reaktion auf Emmanuel Macrons Erklärung aufgefordert, stimmte der Direktor des Musée du Quai Branly, Stéphane Martin, dem uneingeschränkt zu und betonte, es könne nicht sein, „dass ein Kontinent derart der Zeugnisse seiner Vergangenheit und seines plastischen Genies beraubt“ sei. Und: „Am Ende ist es einigen dieser Objekte vorbestimmt, nach Afrika zurückzukehren.“ Eine zweite Überraschung, diesmal auf institutioneller Ebene.