Gespräch mit Uffizien-Direktor : Hochnäsigkeit kann sich kein Museum mehr leisten
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Handy-Tickets sollen kommen: Warteschlange vor den Uffizien Bild: AP
Aber ein Supermarkt darf es auch nicht werden: Die Zukunft muss Forschung und Vermittlung verknüpfen. Wie das in den Uffizien funktionieren soll, erklärt deren Direktor Eike Schmidt.
Vor kaum zwei Jahren wurden Sie als erster Nichtitaliener Direktor der Uffizien in Florenz. Am Freitag haben Sie angekündigt, dass Sie ab Mitte 2019 als Direktor ans Kunsthistorische Museum Wien gehen. Waren die Florentiner so unfreundlich zu Ihnen?
Ähnlich wie die Berliner haben die eine Art Florentiner Schnauze, das ist aber nicht der Grund. An den Uffizien habe ich in den ersten beiden Jahren meines vierjährigen Mandats, das die Option auf einmalige Verlängerung hatte, mehr erreicht, als ich mir für die ganze Amtsperiode erträumt hatte. Ich habe eine Entscheidung für Wien, nicht gegen Florenz getroffen.
Ihr Vorgänger Antonio Natali arbeitete fünfunddreißig Jahre an den Uffizien, bevor er sie neun Jahre leitete. Über Ihren Abschied heißt es in Italien, nun ginge es im Museumsbetrieb zu wie im Fußball, wo Trainer für attraktivere Verträge den Verein wechseln.
Meinen Vertrag werde ich erfüllen. Antonio Natali hat seine Karriere im Haus gemacht. Das entspricht dem alten, feudalistisch-bürokratischen System, in dem man nach Dienstjahren im Rang steigt, und das in Italien nun umgekrempelt wird.
Sind Sie auf ein erstarrtes System gestoßen?
Verkrustung ist ein Problem. Wenn es lange keinen Austausch gibt, heißt es schnell: Das geht nicht anders, das haben wir immer schon so gemacht.
Wann ist Ihnen dieses Argument begegnet?
Etwa als ich die Idee äußerte, die Selbstporträts aus dem Vasari-Gang, der die Uffizien mit dem Palazzo Pitti verbindet und jetzt restauriert wird, ins Hauptgebäude zu schaffen. Das gab ein Protestgeschrei, weil sie vermeintlich seit den Medici da hingen. Tatsächlich waren die Bilder erst seit 1973 dort. Ich habe sie aus dem Gang holen lassen, weil die klimatischen Bedingungen katastrophal sind. Von Frühling an werden sie in einer Enfilade von Sälen parallel zum Innenhof der Uffizien zu sehen sein.
Wie belastend ist die italienische Bürokratie?
Sie ist ein riesiges Hindernis. Ich habe in vielen Fällen erfolgreich gegen sie gekämpft. Aber es gab noch andere Problemfelder, zum Beispiel eine Tradition des Streits zwischen der Stadt Florenz und dem Staat. Als ich ankam, fand ich eine Klage vor, die die Uffizien vor Jahren gegen die Stadt eingereicht hatten. Es ging um einen irrelevanten Formfehler, seither ging viel Arbeitszeit und Geld für diese obsolet gewordene Rechtssache drauf. Ich habe sie sofort gestoppt. Ein anderes Beispiel: Von den Uffizien aus und durch sie hindurch kann man grandios in den städtischen Raum blicken. Einer meiner Vorgänger hat die großen Panoramafenster des Südbaus mit schwarzer Presspappe kaschiert, so dass man nicht mehr hindurchschauen konnte. Es sah aus wie in einer Provinzdiskothek. Ich habe die Verkleidung herausreißen lassen.
Sie haben die Uffizien geöffnet für Kino, Theater, Tanz, Oper und Mode. Es gibt nun ein Museo della Moda e del Costume. Der Palazzo Pitti wird für private Veranstaltungen vermietet, für Preise ab fünfzigtausend Euro.
Wir nehmen mit wenigen großen Events zu Weltmarktpreisen mehr ein als mit vielen kleinen, und damit wird auch der Museumsbetrieb weniger gestört.
Trotzdem sind Sie kritisiert worden.
Events gab es aber auch vorher. Da war es so, dass jemand jemanden kannte und eine Gefälligkeit als institutionelle Veranstaltung deklariert wurde. Italien ist noch immer in einer Wirtschaftskrise, der Staat verkauft Immobilien oder verpachtet sie langfristig. Wer hier als Nostalgiker oder Purist auftritt, erinnert an die Ranjewskaja in Tschechows „Kirschgarten“.