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Begegnung mit Marina Abramović : Spiel mit dem Nichts

  • -Aktualisiert am

Viele, die vor vier Jahren im New Yorker MoMA den Blickkontakt mit ihr wagten, waren zu Tränen gerührt. Jetzt bereitet Marina Abramović ihre neue Performance in London vor. Mit einem selbst für diese Künstlerin spektakulären Konzept.

          9 Min.

          Marina Abramović öffnet mir die Tür ihres New Yorker Apartments in schwarzem Morgenmantel und Pantoffeln. Ihre langen schwarzen Haare trägt sie offen. Sie käme gerade aus der Dusche, sagt sie, nicht entschuldigend, und bittet mich so freundlich, dass man es schon herzlich nennen muss, herein.

          Ihr kleines Apartment liegt in einer ruhigen Ecke von Soho, um die Ecke der Zufahrt zum Holland Tunnel. Das Wohnzimmer ist kaum, aber modern eingerichtet, lichtdurchflutet und hyperordentlich. Auf einem Bücherstapel liegt zuoberst eines über Etikette. Es ist 9 Uhr morgens. Ob sie mir Frühstückseier zubereiten könne, fragt sie und hat sich schon hinter der Küchenanrichte postiert. Obwohl der Gedanke verführerisch ist, sich von Marina Abramović, der bekanntesten Performance-Künstlerin der Welt, erst jüngst vom „Time“-Magazin zu einer der hundert einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres gekürt, einer Frau, die für alles Mögliche bekannt ist, aber bestimmt nicht für hausfrauliche Qualitäten, Rühreier braten zu lassen, einigen wir uns auf Tee. Während er zieht, bereitet sie sich im Mixer ihr Frühstück zu: Es gibt einen Proteinshake - für den heutigen Tag, da Wochenende ist, ein Drittel ihrer Tagesmahlzeit. Zwei weitere dieser Shakes werden folgen. An Wochentagen, erklärt sie mir, nimmt sie derzeit nur zwei Mahlzeiten zu sich: und zwar entweder Huhn und Gemüse, oder Fisch und Gemüse. Seit zwei Monaten macht sie diese Diät, sieben Kilo hat sie schon abgenommen, doch darum geht es ihr nicht. Am 11. Juni beginnt sie in London ihre neue Performance, und dafür will sie physisch und mental in Höchstform sein. „512 Hours“ ist der Titel - exakt so viele Stunden wird sie performen: vom 11. Juni bis 25. August in der Londoner Serpentine Gallery (Eintritt frei).

          Das Konzept ist für ein Performance-Konzept relativ spektakulär: Es gibt keines. Das ist das Konzept. 512 Stunden ohne Konzept. Nachdem wir uns an ihren Esstisch gesetzt haben, bitte ich sie, mir das genauer zu erklären.

          Anfeindungen aus Kunstkreisen

          Selbst Menschen, die sich nicht für Performance-Kunst interessieren, dürfte Marina Abramović spätestens seit 2010 ein Begriff sein, als das New Yorker Museum of Modern Art eine Retrospektive ihres Schaffens zeigte, in deren Rahmen sie eine neue Performance machte: „The Artist Is Present“. Sie saß auf einem Stuhl, und Besucher konnten auf einem Stuhl gegenüber Platz nehmen und dort sitzen, so lange sie wollten. Gesprochen wurde nicht. Abramović saß sieben Stunden täglich nahezu regungslos und sah ihrem jeweiligen Gegenüber in die Augen. Mehr als 800.000 Besucher kamen. An die 1400 nahmen ihr gegenüber Platz. Viele weinten. Es gibt einen Dokumentarfilm darüber, und selbst darin überträgt sich die außergewöhnliche Konzentration, ja, Präsenz dieser Künstlerin, die einfach nur saß und sah und sonst nichts.

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