Roboter als Museumsführer : Von der Kunst, sich in einen Staubsauger zu verwandeln
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Der Roboter und sein Vormund: Daniel Neugebauer vom Van Abbemuseum hat sich in den Museumsroboter eingeloggt. Bild: Ron Eijkman
In Eindhoven führt ein Roboter durch das Van Abbemuseum. Nutzer können sich von zu Hause aus einloggen und den Roboter durchs Museum bewegen. Eine hochauflösende Kamera macht die Kunstwerke sichtbar.
Herr Neugebauer, wir wollten eigentlich mit dem Roboter sprechen, den Sie als erstes Museum in Europa für Führungen eingestellt haben. Wie heißt Ihr neuer Mitarbeiter?
Wir haben ihm bewusst keinen Namen gegeben. Und sprechen kann er auch nicht. Erst dachten wir, der lustige Kerl, der jetzt in unserem Museum herumsteht, muss einen Namen haben. Aber dann war uns wichtiger, dem Roboter keine Identität zu geben, damit er jedes Mal, wenn sich jemand einloggt, die Identität dieser Person annehmen kann.
Was kann er denn alles, wenn er nicht sprechen kann?
Der Roboter kann ziemlich viel und ist wahnsinnig sozial. Er kann Ihr Reisebegleiter sein oder auch Ihre neuen Beine. Denn sobald Sie sich einloggen, sind Sie dieser Roboter und können wie jeder andere Besucher das Museum entdecken, nur eben auf Rädern und in digitaler Version.
Und wie mache ich das?
Sie müssen mit uns Kontakt aufnehmen. Wir schicken dann einen Link, mit dem Sie ein bestimmtes Programm downloaden. Das ist kinderleicht. Sie loggen sich von zu Hause aus ein und können loslegen.
Werde ich denn auch im Museum wahrgenommen?
Ja, Ihr Kopf oder die Köpfe derer, die hinterm Bildschirm sitzen, werden von einer Kamera auf den Roboter übertragen, erscheinen oben im Display und werden von den Besuchern wahrgenommen. Auch akustisch sind Sie verbunden. Ihre Stimme kann gehört werden, und Sie hören die Geräuschkulisse des Museums.
Womit ich dann, entschuldigen Sie, aber ich habe mir den Roboter auf Ihrer Website angeschaut, aussehe wie ein Staubsauger. Bewege ich mich denn auch so?
Ja (lacht), Staubsauger ist mir auch als Erstes eingefallen. Zum Glück macht er aber keine Sauggeräusche. Sie drücken einfach die Pfeiltasten auf der Tastatur – links, rechts, vor, zurück. Der Roboter bewegt sich ganz zart und sanft, ohne Rucken, das ist wunderbar.
Bin ich denn als Staubsauger selbständig?
Ja, Sie geben den Ton an: Richtung und Geschwindigkeit folgen ihrem Tastendruck. Sie werden jedoch kostenlos von einem freiwilligen Helfer begleitet, oder Sie buchen einen Führer, für den Sie den normalen Tarif bezahlen.
Aber ich bestimme, wie lange ich vor Kokoschka oder Bacon oder Dumas stehen bleibe?
Klar. Die Kamera hat eine Zoom-Funktion. Sie können also ganz dicht rangehen und auch Details oder sogar die Pinselstruktur auf der Leinwand gut sehen. Wir arbeiten gerade daran, eine noch höher auflösende Kamera einzubauen. Es fühlt sich an, als wäre man wirklich da, und hat zugleich etwas von einem Computerspiel. Das macht es auch für eine andere Zielgruppe attraktiv, nämlich für junge Leute.
Die dann gar nicht mehr ins Museum kommen.
Mir ist es lieber, die Kids kommen per Roboter ins Museum als gar nicht. Und das Gaming-Element motiviert sie sogar, genau hinzusehen. Das ist sicher nicht anders als bei der eigentlichen Zielgruppe, nämlich Menschen, die das Museum, weil sie alt oder behindert sind, nicht mehr besuchen können: Da fließen oft Tränen. Die Leute sind unglaublich glücklich, wenn sie ein Gemälde noch mal wiedersehen können, das sie seit Jahren lieben. Aber es gibt auch Schulklassen, die sich nicht so leicht einen ganzen Nachmittag für den Museumsbesuch frei machen und sich so schon mal vorbereiten können. Wir entdecken jetzt erst, was für ein Potential in dem Roboter steckt. Wir arbeiten viel mit internationalen Künstlern zusammen. Wenn da einer sein Flugzeug verpasst und irgendwo in Amerika sitzt, wird er für eine Diskussionsrunde einfach zugeschaltet. Haben wir alles schon erprobt. Läuft wunderbar.
Hat Philips den Roboter gesponsert?
Nein (lacht), Philips sponsert uns nicht, sondern die Bankgiro Loterij, das ist eine große Lotterie. Wir haben Philips viel zu verdanken. Aber Eindhoven ist nicht mehr „nur“ Philips. Wir haben hier einen Hightechcampus, der als Silicon Valley Europas bezeichnet wird. Das Van Abbemuseum sieht es als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, eine Brücke zwischen Kultur und Technologie zu schlagen.
Was hat der Spaß denn gekostet?
Das ist kein Geheimnis, mit allen Zusatzausstattungen, die wir haben, etwa zwanzigtausend Euro. Andere Museen, auch aus Deutschland, haben schon Interesse bekundet.
Daniel Neugebauer ist Leiter der Abteilung Marketing, Bildung und Fundraising am Van Abbemuseum in Eindhoven.