
Documenta in der Kritik : Hetzkunst
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Aufruhr: Friedenstauben sind es nicht, die hier vor dem Ruruhaus als einem der Spielorte der Documenta 15 in Kassels Innenstadt auffliegen. Bild: dpa
Auf der Künstlerliste der kommenden Documenta findet sich auch der Name eines palästinensischen Kulturzentrums, von dessen Gründer und Mitgliedern es antiisraelische Äußerungen gibt. Die Politik muss handeln.
Erst dieser Tage hat sich der Opernregisseur Barrie Kosky über den ungebrochenen deutschen Eifer beim Erstellen von Proskriptionslisten entsetzt – im konkreten Fall lange Vorschlagslisten zur Umbenennung von Straßen, deren Namensgeber unter Verdacht von Rassismus und Antisemitismus stehen. Auch die im Juni in Kassel eröffnende Documenta 15 hat umfangreiche Listen mit volkreichen Künstlerkollektiven aus allen Breitengraden der Erde aufgestellt, um per Schrotschussmethode möglichst viele Menschen partizipieren zu lassen, ihre je identitären Ziele öffentlich zu machen. Rein statistisch steigt bei Kollektivlisten die Gefahr, dass sich auch schwarze Schafe darauf finden.
Ein solches scheint das aus Ramallah eingeladene palästinensische Khalil al-Sakakini Cultural Center (KSCC) zu sein, dass in den letzten Jahren wiederholt Aufrufe des antiisraelischen BDS unterstützte. Was beim Namensgeber des Kulturzentrums, Khalil al-Sakakini, nicht verwundert – der Pädagoge und palästinensische Nationalist war in den Dreißiger- und Vierzigerjahren Sympathisant Hitlers und Verbreiter jüdischer Weltverschwörungstheorien. Auch einer der Beiräte des KSCC, der Filmemacher Yazan Khalili, fiel mit der Äußerung auf, man solle nicht nur die Ziele des BDS verfolgen und die Palästinenser befreien, vielmehr müsse man noch darüber hinausgehen und auch die Juden vom jüdischen Staat befreien, werde ihnen doch ebenfalls eine falsche Identität aufgezwungen. Derlei Argumentationen besitzen etwas von Goebbelsscher Dialektik. Im Versuch einer Ausweitung der Kampfzone scheint hier tatsächlich die Aufforderung Willy Brandts, mehr Demokratie zu wagen, in ein perverses „mehr Antisemitismus wagen“ umgemünzt.
Breit gestreute BDS-Sympathien
Dieses Documentaproblem wurzelt tief: So wie Indonesien heute ein mehrheitlich islamischer Staat ist, besteht auch das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa überwiegend aus Angehörigen des Islam. Ein Bewusstsein für jüdische Belange dürfte hier eher schwach entwickelt sein. Im Internationalen Documentabeirat, der Ruangrupa berufen hat, sitzt mit dem indischen Regisseur Amar Kanwar zudem ein Unterzeichner einer scharfen Israelkritik im Netz, die dem Staat vorwirft, „kontinuierlich und ruchlos“ auf palästinensischen Freiheitsrechten „herumzutrampeln“, und den eigenen Bundesstaat Gujarat auffordert, Israel zu boykottieren. Auch das Beiratsmitglied Charles Esche, Direktor des Van Abbemuseum in Eindhoven, gehört zu den BDS-Unterstützern und Unterzeichnern des Netz-Aufrufs „Wir können nur ändern, was wir konfrontieren“ gegen die Verurteilung des BDS durch den Deutschen Bundestag. Ein Kommentator der „Zeit“ unkte bereits, die fünfzehnte Documenta könnte „die letzte dieser Art sein“. Angesichts der Vorwürfe ist sie zumindest als bedrohte Ausstellungsart auf die rote - oder eher braune - Liste zu setzen. Kulturstaatsministerin Roth sollte allemal die Notbremse ziehen, sonst wird sie als Parlamentsmitglied unglaubwürdig.