Was man aus bestem Gewissen erkennen will
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„Ziegelneger“ von Georg Herold, 1981, in der neuen Dauerausstellung des Städel. Bild: Georg Herold/Ziegelneger/VG Bild Kunst, Bonn 2020
Ist das Gemälde „Ziegelneger“ von Georg Herold im Frankfurter Städel rassistisch? Eine Besucherin plädiert für Abhängen.
Vielleicht ist es gut, dass der einst mit Karnevalsschlagern wie „Heile, heile Gänsje“ oder „Humba Täterä“ erfolgreiche Sänger Ernst Neger das derzeitige Sprachpolizeilertum nicht mehr miterleben muss. Wie die Südstaatenmusikerinnen „Dixie Chicks“ und „Lady Antebellum“ sich kürzlich unter dem Druck einer berufsbesorgten – überwiegend weißen – „Mehrheit“ unverzüglich in „Chicks“ beziehungsweise „Lady A.“ verstümmelten, hätte sich der deutsche Musiker aus Mainz vermutlich in „Ernst Weißer“ oder etwas Ähnliches umtaufen lassen müssen.
Nun soll, nach dem Protest einer Museumsbesucherin, das Werk „Ziegelneger“ des Malers Georg Herold im Frankfurter Städel abgehängt werden, wie es vor zwei Jahren bereits dem vorgeblich sexistischen Bild „Hylas und die Nymphen“ von John William Waterhouse in Manchester widerfuhr. Das Herold-Bild zeigt einen Schwarzen, der von drei wild gestikulierenden Männern von rechts mit einem Ziegelstein beworfen wird, während eine Ampel zwischen beiden Seiten grün aufleuchtet. Zum Kontext muss man wissen, dass das Bild aus dem Jahr 1981 stammt, als die per definitionem politisch inkorrekte Künstlergruppe „Junge Wilde“ auf ihrem Höhepunkt stand, und nun Teil der Neuordnung der zeitgenössischen Städel-Bestände ist. Es hängt nicht als Provokation, vielmehr als Vertreter einer bestimmten, längst ausgiebig historisierten Phase der deutschen Malerei.
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