Das Verlangen nach Vergangenheit
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Wandteppich: Die Dame mit dem Einhorn, um 1500 Bild: Franck Raux
Das Musée de Cluny in Paris ist Frankreichs bedeutendstes Museum des Mittelalters und beherbergt weltberühmte Kostbarkeiten. Jetzt ist das Ensemble im Quartier Latin nach elfjährigen Sanierungsarbeiten wiedereröffnet worden.
Im vierzehnten Jahrhundert beschlossen die mächtigen Herren der Abtei von Cluny, dass es höchste Zeit sei, für eine angemessene Unterkunft in Paris zu sorgen. Die Äbte von Cluny waren direkt dem Papst in Rom unterstellt, ihre Kirche in Burgund war zeitweise die größte der Welt, aber ihr Reichtum und ihre Unabhängigkeit waren bedroht. Man musste in der Hauptstadt und am Königshof präsent sein und kaufte ein Areal mit den Ruinen einer römischen Badeanlage, von der heute nur noch das Frigidarium mit einer Länge von gut zwanzig Metern erhalten ist. Als 1485 mit dem Bau des Hotel de Cluny in seiner heutigen Gestalt begonnen wurde, war der Verlust der Unabhängigkeit der Benediktinermönche nicht mehr fern: Ab 1515 ernannte Frankreichs König die Äbte von Cluny. Im Zuge der Französischen Revolution wurde die Abtei geschlossen und 1798 an einen Kaufmann verkauft, der sie wenig später als Steinbruch nutzen ließ. Cluny, eines der wichtigsten religiösen Zentren des Mittelalters, hatte nach neunhundert Jahren aufgehört zu existieren.
Doch das Hotel de Cluny in Paris existierte weiter. 1843 erwarb der französische Staat das Gebäude und machte es im Jahr darauf der Öffentlichkeit als Museum zugänglich. Heute beherbergt es das Musée national du Moyen Âge, Frankreichs einziges staatliches Museum für die Kunst des Mittelalters. Seit 2011 wurde das Musée de Cluny saniert und umgebaut, knapp zwei Jahre lang war es komplett geschlossen. Jetzt ist das einzigartige Ensemble im Quartier Latin im V. Arrondissement wiedereröffnet worden: 21 neu gestaltete Säle mit etwa 1600 Objekten sollen eine tausendjährige Epoche zum Sprechen bringen, die mit dem Ausgang der Spätantike begann und mit der aufkommenden Renaissance ihr Ende fand.
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