Architekturpreis : Spröder wohnen
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Von Architekten für Architekten: Das Wohngebäude San Riemo in der neuen Münchener Messestadt hat den DAM-Preis für Architektur 2022 gewonnen. Es wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Büros Summacumfemmer und Juliane Greb entworfen. Bild: Petter Krag
Genossenschaft vor Springer-Konzern: Der Preis des Deutschen Architekturmuseums geht an ein Wohnungsbauprojekt in München. Im übrigen Bewerberfeld geht es recht beliebig zu – wobei Qualität das verbindende Element ist.
Der DAM-Preis für Architektur in Deutschland ist eine viel beachtete, aber auch etwas seltsame Auszeichnung. Es verhält sich mit dem Preis, den das Deutsche Architekturmuseum (DAM) seit 2007 vergibt, in etwa so, als würden sich renommierte Mobilitätsexperten zusammensetzen und unter allen neu auf den Markt gekommenen Wohnmobilen, Lastern, Limousinen, Rennautos, Traktoren und Motorrädern das Kraftfahrzeug des Jahres auswählen. Der Jury des Architekturpreises lagen diesmal rund hundert ambitionierte Bauten zur Begutachtung vor, vom muslimischen Wasch- und Gebetshaus in Hamburg über eine Radfahrerbrücke in Darmstadt bis zur Adidas-Zentrale in Herzogenaurach.
Am Ende kamen vier Projekte in die engere Wahl, darunter die John-Cranko-Ballettschule in Stuttgart, der Neubau des Springer-Konzerns in Berlin und drei Forschungshäuser in Bad Aibling, mit denen wissenschaftlich erprobt wird, ob sich Beton, Massivmauerwerk oder Holz am besten für eine energieeffiziente Bauweise im Geschosswohnungsbau eignet. Unterkategorien kennt der Preis nicht. Ebenso wenig einheitliche Kriterien, die die Entscheidung der Jury nachvollziehbar machen würden. Es läuft darauf hinaus, dass das durchweg mit Insidern des Architekturbetriebs besetzte Gremium ein Gebäude auswählt, das eine seiner Meinung nach gestalterisch und konzeptionell überzeugende Antwort auf eine dringliche Bauaufgabe der Zeit gibt.
Darauf, dass der Axel-Springer-Campus des in Fachkreisen weithin vergötterten Rem Koolhaas, der aber in der Auswahl seiner Bauherren weniger streng ist, als sich das manche seiner Jünger wohl wünschen, den DAM-Preis nicht gewinnen würde, hätte man risikolos ein Jahresgehalt von Mathias Döpfner wetten können. Umgekehrt überrascht es wenig, dass am Ende (und wie schon 2018) das Projekt einer Genossenschaft gewonnen hat, gilt diese Form der Bauherrenschaft vielen doch als die potentiell beste Antwort auf die Herausforderungen für den Wohnungsmarkt in Großstädten: günstig, verdichtet und gemeinschaftlich zu bauen, idealerweise ökologisch nachhaltig und mit flexiblen Grundrissen.
Kein gefälliges Haus
Das Münchner Projekt mit dem neckischen Namen „San Riemo“ ist nach landläufigen und erst recht nach bayerischen Maßstäben kein gefällig gestaltetes Haus: Sein an Gewerbebauten aus den Sechzigerjahren erinnerndes Äußeres besteht an zwei Seiten aus weißem Wellblech und an der dritten, längsten Front aus Polycarbonatplatten, die die Wintergärten zur Straße hin abschirmen. Dass türkisfarbene Fassadenelemente und Vorhänge nach Meinung der Jury „eine heitere Note“ in die Umgebung der Messestadt Riem bringen, sagt mehr über das monotone Neubaugebiet auf dem ehemaligen Münchner Flughafengelände aus als über das San Riemo.