Architekturwettbewerb der Nasa : Der Mars macht mobil
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Wir wissen nicht, wie wir die Flüchtlinge unterbringen sollen, und die Amerikaner wollen jetzt schon auf dem Mars Häuser bauen. Geplant wird mit 80.000 Menschen, aber gemütlich wird es nicht werden.
Der britische Architekt Sir Norman Foster hat in seinem Leben die Architekturwelt immer wieder mit spektakulären Flughäfen und Hochhäusern verblüfft. Aber das, was sein Büro jetzt vorstellte, sah auf den ersten Blick aus wie ein futuristischer Witz: Der Achtzigjährige präsentierte eine Wohnsiedlung aus erdhaufenartig aussehenden Häusern, die mit Hilfe von 3D-Druckern durch halbautonome Roboter auf dem Mars errichtet werden sollen. Die jeweils 93 Quadratmeter großen Behausungen, so Foster, sollen aus gepresstem Regolith, dem lockeren Gestein, das sich auf der Oberfläche des Planeten findet, in die Gegend gedruckt werden. Dafür will er drei verschiedene Roboter per Fallschirm auf dem Mars abwerfen lassen: einen, der Krater graben kann, einen, der Regolith in Schichten aufeinanderpresst, und einen, der mit Mikrowellen Baumaterialien verschweißt.
Nun ist es nicht selten, dass Architekten im Alter bizarre Dinge vorschlagen: Der greise, fast neunzigjährige Frank Lloyd Wright zum Beispiel hatte 1956 ein 1,7 Kilometer hohes Hochhaus mit 76 atomgetriebenen Aufzügen und mehr als fünfhundert Etagen entworfen. Noch heute rätselt die Fachwelt, ob er all das ernst meinte oder als beißende Kritik des herrschenden Fortschrittsmantras verstanden wissen wollte. Fosters Marssiedlung dagegen ist ein durchaus ernstgemeinter Beitrag zu einem Wettbewerb für Marsbehausungen, den immerhin die Nasa selbst ausgeschrieben hat und dessen Ergebnisse jetzt bei der „Printed Habitat Challenge Design Competition“ in New York vorgestellt wurden.
Vor allem ging es der Weltraumbehörde darum, herauszufinden, was man mit dem auf dem Planeten vorzufindenden Material bauen kann, da es schlecht möglich ist, Strahlträger und Dämmstoffe in großen Mengen auf den Mars zu fliegen. Gewonnen hat den Wettbewerb, an dem 165 Teams teilnahmen, aber nicht Foster, sondern eine Gruppe mit dem Namen „Space Exploration Architecture and Clouds Architecture Office“, die für ihr Mars Ice House den ersten Preis bekam.
Der Lebensabend am Lavakrater
Weil es auf dem Mars genug Wasser gibt und es außerdem sehr kalt ist, entwickelte das Team einen Drucker, der futuristische Iglus baut, in denen sich sogar Gärten befinden können und die deutlich besser aussehen als die retrofuturistischen Wohnröhren in Ridley Scotts neuem Film „The Martian“, in dem sich Matt Damon mit den Widernissen des Wohnens auf einem unfreundlichen Staubplaneten herumschlagen muss.
Architekturwettbewerb der Nasa : Bewerbungsvideo des Siegers "Mars Ice House"
Bisher gehörten die Probleme der Marsarchitektur da nämlich auch hin: ins Science-Fiction-Kino. Aber seit einiger Zeit beschäftigen sich auch Menschen, die man nicht von vornherein als intergalaktische Spinner abtun kann, mit der Frage, ob man nicht doch auf dem Mars leben könnte. Der 1971 in Südafrika geborene Unternehmer Elon Musk zum Beispiel: Als er 1995 das Internetunternehmen Zip2 gründete, war die Branche skeptisch, vier Jahre später kaufte der Computerhersteller Compaq seine Firma für 307 Millionen Dollar. Paypal, das er mitgegründet hatte, wurde das erfolgreichste Online-Bezahlsystem der Welt. Als es 2002 an Ebay verkauft wurde, war es 1,5 Milliarden Dollar wert; Musk war 31 Jahre alt und beschloss, die großen Probleme der Gegenwart zu lösen.
Er gründete das Solarunternehmen Solar-City und den Elektroautohersteller Tesla, der in Amerika die deutschen Premiumhersteller abgehängt hat; das Unternehmen war auf den Aktienmärkten zwischenzeitlich mehr wert als Chrysler, der drittgrößte amerikanische Autokonzern. Wenn nun jemand wie Musk erklärt, er werde eine Rakete bauen, mit der man zum Mars fliegen könne, und dort wolle er auch sterben, allerdings nicht beim Aufprall des Raumfahrzeugs, sondern an seinem Alterssitz in einem Lavakrater, dann ist das keine Science-Fiction mehr, sondern eine der eigenartigen Realitäten, die das Elektropioniertal so hervorbringt. Etwa 80 000 Menschen, so Musk, sollten auf dem Mars leben können und eine Ersatzwelt aufbauen, einen Fluchtort, falls die Erde von Meteoriten oder einem Atomkrieg zerstört wird. Musks Dragon-Raumkapsel wird mit Flüssigsauerstoff und Methan angetrieben und soll eine Gruppe von Pionieren für 500 000 Dollar pro Person auf den Mars bringen. Die Reisezeit soll etwa ein halbes Jahr betragen - ein echter Langstreckenflug. Musks Firma SpaceX bringt schon heute mit privat finanzierten Raketen Nachschub zur Internationalen Raumstation ISS und plaziert für Vietnam Satelliten im Orbit. Aber das Herzstück des Unternehmens an der Rocket Road in Hawthorne, Kalifornien, ist die Arbeit an der Marsexpedition.