Video-Filmkritik : „Karger“: Was von der Heimat übrig bleibt
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Bild: Novapool Pictures
Je länger dieser Film dauert, desto roher entfaltet sich seine Poesie: „Karger“ spielt in der heruntergekommenen ostdeutschen Stahlstadt Riesa, in der ein Arbeiter nach Entlassung und Scheidung den Boden unter den Füßen verliert. Ein eindrucksvolles Regiedebüt mit Laiendarstellern.
Ein Heimatfilm ist eigentlich jeder Film, wenn man ihn entsprechend anschaut. So auch „Karger“, das ganz gegenwärtige Debüt der Berliner Regisseurin Elke Hauck, das beim Max-Ophüls-Preis 2007 mit dem „Preis des Ministerpräsidenten“ ausgezeichnet wurde. Hauck beschreibt einen Mann in der Lebenskrise, einen Stahlarbeiter in der heruntergekommenen ostdeutschen Stahlstadt Riesa, ein Film, der, je länger er dauert, eine rohe Poesie entfaltet.
Er beginnt wie François Ozons „5 × 2“: Der Mann lässt sich scheiden und geht gleich danach mit der Exgattin ins Bett. Doch im Gegensatz zu Ozon blickt der Film nicht zurück, sondern entfaltet dieses prekäre Zweierverhältnis in die Zukunft: Der Held begegnet neuen Frauen und weiß selber nicht, ob er wieder zur Mutter seines Kindes zurück will oder lieber mit der Barbedienung etwas anfängt. Oder mit der Lolita des Viertels.
Zur gleichen Zeit wird er entlassen, weil das Werk von Franzosen übernommen wurde, und so ist „Karger“ auch das Porträt einer Arbeitswelt, die verloren geht. Die Bilder Patrick Orths, der hier mit einer Digitalkamera gearbeitet hat, lassen an andere Filme junger Berliner Regisseure wie Ulrich Köhler und Valeska Griesebach denken. Sogar das Stahlwerk mit seinen alten, fast unwirklich massiven Maschinen ist hier schön und hat ein Geheimnis. Vielleicht ist es das, was von der Heimat übrig bleibt.