Video-Filmkritik „San Andreas“ : Das Leben ist eine Sollbruchstelle
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Bild: Warner
In Brad Peytons Katastrophenfilm „San Andreas“ wird Kalifornien in Roland-Emmerich-Manier erschüttert und geflutet. Dwayne Johnson spielt einen Hubschrauberpiloten auf der Suche nach seiner Tochter.
Wenn die Temperaturen steigen, dann steigt auch der Wasserspiegel. Das ist zumindest die generelle Hypothese für den Planeten insgesamt, und sie ist als Metapher vielseitig einsetzbar, wie sich an einigen neuen Filmen zeigt. Klimatisch ist ja im Grunde alles: die Finanzkrise, die Landwirtschaft, sogar die Tektonik dieses Planeten mit dem hitzigen Innenleben.
Dass es gerade wegen dieser Zivilisation mit der Erde insgesamt den Bach hinuntergeht, ist ein Verdacht, dem bloß fehlt, dass man sich einen so großen Bach nicht leicht vorstellen kann, in den der Planet passt. In Brad Peytons Katastrophenfilm „San Andreas“ wird aber schon einmal ordentlich am sintflutlichen Imaginären gearbeitet. Dabei ist das Unglück hier gar nicht vom Menschen gemacht. Dass es zwischen den Platten rumort, auf denen unsere Erdoberfläche aufruht, das hat weder mit Fracking noch mit der Ölbohrerei zu tun. Trotzdem fühlen sich überwältigende Desaster im Kino immer irgendwie so an, als würde da eine Rechnung präsentiert.
Die Mutterplatte reibt sich an der Vaterplatte
Man könnte von einem „Roland-Emmerich-Effekt“ sprechen, der in „San Andreas“ allerdings ins Groteske verzerrt wird. Denn wir folgen hier eigentlich zwei Stunden einem Mann dabei, wie er einen Hubschrauber der Feuerwehr von Los Angeles zweckentfremdet, um ausschließlich seine Tochter aus einem Schlamassel rauszuhauen, in dem ganz Kalifornien steckt. Die San-Andreas-Verwerfung, eine geologische Sollbruchstelle des Sonnenstaats, tut sich als Spalt auf. San Francisco liegt am Ende dieses Spalts, das dazugehörige Erdbeben kommt dort mit einem Wert von 9,5 auf der – wie jeder weiß – nach oben hin offenen Richterskala an. Der Effekt ist, ein bisschen überraschend, eine Überschwemmung sagenhaften Ausmaßes. So kommt es, dass der Rettungspilot Ray (Dwayne Johnson schmallippiger denn je) seine Tochter Blake (Alexandra Daddario) aus Schutt und Asche heraustauchen muss.
Selten noch hat man die komplexitätsreduzierenden Logiken des amerikanischen Mainstreamkinos so plakativ vorgeführt bekommen wie in „San Andreas“, wo das Drama einer zerbrochenen Familie (die Mutterplatte reibt sich an der Vaterplatte, davon zittert gleichsam der Planet) sich so weit in den Vordergrund schiebt, dass man eigentlich lieber den Therapeuten als die Nationalgarde rufen würde. Einige beeindruckende Wimmelbilder, wie das einer einstürzenden Golden Gate Bridge, sind, auch des wie gewohnt öden 3-Ds wegen, nur kurz zu sehen – im Genre klafft hier selbst ein Spalt zwischen den Spektakelwerten, bei denen man mit Andeutungen abgespeist wird, und dem viel preisgünstigeren Drama, das vor großer Kulisse auch nicht interessanter wird.
Eindruck einer Mogelpackung
Dass man bei vielen Blockbustern mittlerweile den Eindruck von Mogelpackungen bekommt, hat wohl damit zu tun, dass die Unterhaltungsindustrie in der technologischen Übergangsphase, in der wir uns gerade befinden, im Trüben fischt. Da sind „Lost River“ und „Die Maisinsel“ mit ihren genau definierten Formaten noch deutlich besser dran, aber auch dort zeigt sich, dass „sub aqua, sub aqua“ nicht wie von selbst Originalität zu finden ist.