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„Triangle of Sadness“ im Kino : Die letzte Fahrt der Dreiklassengesellschaft

Noch posieren die reichen Passagiere auf dem Sonnendeck, doch der Untergang naht: Szene aus „Triangle of Sadness“ Bild: Fredrik Wenzel/Alamode Film

Der schwedische Regisseur Ruben Östlund erzählt in „Triangle of Sadness“ vom bösen Ende einer Luxuskreuzfahrt. Im Mai gewann sein Film die Goldene Palme von Cannes. Jetzt kommt er ins Kino.

          4 Min.

          Wenn man auf die Kinoerfolge von früher zurückblickt, wundert man sich oft, wie rasch und gründlich der Lack ihres Ruhms abgeblättert ist. Gab es vor zehn Jahren wirklich nichts besseres als „Ziemlich beste Freunde“? Und was ist aus den Wohngemeinschaftsfilmen der Achtziger-, den Disco-Epen der Siebzigerjahre ge­wor­den? Aber die soziale Frage, im Unterschied der Hautfarbe gespiegelt, war eben ein Thema des vergangenen Jahrzehnts, so wie es die Generationenfrage in den Achtzigern und die sexuelle Revolution in den Sechzigern wa­ren. Die Kurzlebigkeit, der flüchtige Reiz der Geschichten gehört zu den Stärken des Kinos. Das Spiel mit dem Zeitgeist darf nur nicht zu offensichtlich sein, sonst fliegt es auf.

          Andreas Kilb
          Feuilletonkorrespondent in Berlin.

          Ruben Östlunds Film „Triangle of Sadness“ beginnt mit Aufnahmen eines Mo­del-Castings. Ein Reporter bringt männliche Fotomodelle dazu, für ihn abwechselnd zu feixen und zu schmollen. Ein Jüngling namens Carl wird aufgefordert, seine Sorgenfalten (englisch: „triangle of sadness“) über den Augen zu entspannen. Dann se­hen wir Carl mit seiner Freundin Yaya, ebenfalls Fotomodell, im Nobelrestaurant. Er soll schon wieder das Essen zahlen, ob­wohl sie mehr Geld verdient. Sie streiten sich, im Taxi, im Hotelaufzug, in ihrer Suite, über Geld und Liebe, Geschlechterrollen, weibliche und männliche Bedürfnisse. Danach versöhnen sie sich.

          Szenenwechsel. Yaya und Carl sind auf seiner Luxusjacht im Mittelmeer, den Fahrpreis für die Kreuzfahrt zahlt sie mit ihrem Influencer-Profil auf Instagram. Auf dem Schiff herrscht eine Dreiklassengesellschaft: Oben sonnen sich die Millionäre, im Zwischendeck freut sich das uniformierte Bordpersonal auf üppige Trinkgelder, während das Prekariat im Unterdeck für Hungerlöhne putzt und kocht. Die Hierarchie ge­rät scheinbar in Unordnung, als die Frau eines russischen Oligarchen die ge­samte Mannschaft zum Schwimmen schickt: „Lasst uns die Rollen tauschen!“ In Wahrheit bleibt die Rollenverteilung unangetastet, auch als später ein Sturm aufzieht und das Inventar durcheinanderwirbelt. Jetzt ist auch der zuvor abgetauchte Kapitän mit von der Partie, beim Dinner sieht er gleichgültig zu, wie die Passagiere sich auf ihre Teller voller Meeresfrüchte übergeben, an­schlie­ßend betrinkt er sich mit dem Oligarchen in seiner Kajüte. Am nächsten Morgen ist der Himmel klar, nur ein Piratenboot stört die Idylle. Eine Handgranate fliegt an Bord, direkt vor die Füße des englischen Rüstungsfabrikanten-Rentnerehepaars. Es folgt eine Explosion.

          Neue Szene. Ein Strand auf einer Insel. Wrackteile, Ertrunkene, eine Schar Überlebender. Der Oligarch zieht seiner to­ten Gattin die Diamantkette vom Hals. Nur die philippinische Toilettenfrau hat es ins Rettungsboot geschafft. Abigail ist zugleich die einzige, die Fische fangen und Feuer ma­chen kann, deshalb kehrt sie die Hierarchie um: „Auf der Jacht Toilettenmanager. Hier Kapitän.“ Als sie die Mög­lich­keiten ihrer neuen Position realisiert, nimmt sie Carl, der ebenfalls überlebt hat, als Schlafgefährten mit in ihr Dingi. Bald ha­ben sich alle außer Yaya an die neue Ordnung ge­wöhnt. Trotz ihrer Rivalität unternehmen die beiden Frauen einen Erkundungsausflug zur anderen Seite der Insel. Dort stellen sie fest, dass sie in einem Touristenresort ge­landet sind. Die Aussicht, ih­re hart er­run­ge­nen Privilegien wieder zu verlieren, treibt Abigail zu einer Verzweiflungstat.

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