Oscar-Favorit „No Country for Old Men“ : Halten Sie still!
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Kein Land für alte Männer: Javier Bardem als Anton Chigurh Bild: dpa
Wer gewinnt die Oscars? Die Coen-Brüder hätten einen Preis für „No Country for Old Men“ verdient. Doch sie haben mit Andersons „There Will Be Blood“ starke Konkurrenz - beide Filme zeigen eine kalte Hoffnungslosigkeit, die sich Hollywood seit langem nicht mehr geleistet hat.
Das ist kein Land für Alte, heißt es in dem Gedicht von W. B. Yeats, das dem Film (und dem Buch von Cormac McCarthy, nach dem er entstanden ist) den Titel gab: „Die Jungen / einander im Arm, wie Vögel in den Bäumen / - sterbende Generationen - beim Gesang, / Lachs-Wasserfälle, Meere voll Makrelen, / Fisch, Fleisch, Geflügel künden den Sommer lang / von allem, was gezeugt, geboren ist und stirbt.“ Es ist ein Abschiedsgedicht; der es schreibt, hat genug von dem Land, den Gesängen, den Generationen, er sehnt sich nach einem jenseitigen Reich, in dem „Gottes heiliges Feuer“ brennt, und er gibt ihm einen alten Namen: Byzanz. „Sailing to Byzantium“ heißt Yeats' Gedicht. Ein Klassiker. Jeder Literaturstudent in Amerika kennt es.
Der Film nach dem Buch nach dem Gedicht beginnt mit der Stimme eines Mannes, der sein Leben hinter sich hat, der Stimme von Tommy Lee Jones als Sheriff Ed Tom Bell. Er erzählt, dass schon sein Vater und Großvater Sheriffs in Texas waren, und dass er vor Jahren einen Teenager auf den elektrischen Stuhl gebracht habe, einen Jungen, der seine Freundin ermordet hatte, ohne Leidenschaft und ohne Reue. „Er sagte, er würde zur Hölle gehen. Er schätzte, er wäre in ungefähr fünfzehn Minuten da.“ Dazu sieht man die Weite des amerikanischen Südwestens: Wüstensteppe ohne Spuren von Mensch und Tier, so nah am Jenseits, wie es eine Landschaft nur sein kann. Dann eine Straße. Ein Polizeiauto hat angehalten. Ein Mann wird verhaftet. Der Polizist, der ihn festnimmt, wird in zwei Minuten tot sein. Aber es ist nicht Ed Tom Bell.
Es ist ein langer, schrecklicher Todeskampf
Einen schnellen Thriller zu drehen ist ein Kinderspiel. Kreischende Reifen, schreiende Männer, das Stakkato der Kugeln, die hastige Blüte der Explosionen. Die Kunst besteht darin, das Genre zu verlangsamen. Den Tanz der Kugeln anzuhalten. Das Geschrei zu verwandeln in eine Form von Gesang. Ein Film, dem das gelingt, rührt an die Wurzeln der Gewalt in uns selbst. Er holt die Bilder aus der Spaßschublade, in der sie gesteckt haben, zurück in die Welt. Er gibt dem Geschehen zurück, was ihm die Klischeewirtschaft des Kinos genommen hat: seine Dauer. Der junge Polizist an der Landstraße, der einen Mann mit einem Bolzenschussgerät aufgegriffen hat, wird kurz darauf mit seinen eigenen Handschellen erwürgt. Die Kamera betrachtet die Tat von oben. Es ist ein langer, schrecklicher Todeskampf. Die Stiefelabsätze des Sterbenden zeichnen schwarze Gummimuster in den Fußboden des Polizeireviers. Nach dieser Szene ist klar, dass der Film kein Happy End haben wird. Das Sterben geht weiter und hört irgendwann auf, das ist alles.