„The Chaser“ von Na Hong-jin : Neonlicht und kalter Rauch
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Gejagt: Szene aus Hong-jin Nas Regiedebüt „The Chaser” Bild: MFA
Jagdszenen aus Seoul: Der koreanische Filmthriller „The Chaser“ von Na Hong-jin hat einige Qualitäten, die ihn vom üblichen Serienkillerkino unterscheiden.
Wenn sich Martin Scorsese die Rechte fürs amerikanische Remake eines Erstlings aus Korea sichert, dann erhöht das natürlich gewaltig die Aufmerksamkeit. Tatsächlich fehlt es in "The Chaser" nicht an auf die Spitze getriebener christlicher Symbolik, so dass man sich gut vorstellen kann, was Scorsese daran fasziniert haben mag. Andererseits ist die Geschichte der Jagd auf einen Serienmörder und die Suche nach seinem Opfer stellenweise etwas löchrig und ungereimt und das Ende so finster, dass man gespannt sein darf, wie der Amerikaner damit umgeht.
Na Hong-jins Debüt hat allerdings tatsächlich einige Qualitäten, die ihn vom üblichen Serienkillerkino unterscheiden. Es geht um einen ehemaligen Cop (Kim Yoon-suk), der jetzt als kleiner Zuhälter sein Geld verdient. Weil zwei seiner Mädchen verschwunden sind, ohne ihre Schulden zu bezahlen, glaubt er an einen Konkurrenten, der sie ihm abspenstig macht. Als auch das dritte Mädchen, das er trotz Fieber zu einem Kunden geschickt hat, sich nicht mehr meldet, fängt er an, der Sache selbst nachzuspüren. Außer einer Handynummer und einer vagen Ahnung, in welchem Viertel das Opfer verschwunden ist, hat er keine Anhaltspunkte und irrt durch die engen, steilen Straßen des Monghwan-Distrikts.
Durch einen jener Zufälle, auf die der Plot etwas zu oft angewiesen ist, stößt er ausgerechnet mit dem Wagen des Killers zusammen, der das dritte Mädchen noch gefangen hält. Aber Na Hong-jins Talent besteht darin, seine Szenen mit einer beklemmenden Dichte und jäher Gewalttätigkeit zu inszenieren, dass man schnell vergisst, wie sehr manche an den Haaren herbeigezogen sind. Der Moment, als er Blutspritzer am Hemd des Killers entdeckt und ihn überführt, indem er die Handynummer anruft und es bei seinem Gegenüber klingelt, ist allen Ungereimtheiten zum Trotz mindestens so atemberaubend wie die sich daran anschließende Verfolgungsjagd zu Fuß durchs hügelige Monghwan.
Ein Gefühl für Orte und Atmosphäre
Der Killer wird zwar bei der Polizei abgeliefert, die ihn jedoch aus Korruptheit und Unfähigkeit wieder laufen lässt, wodurch der Film dann erst seinem Titel gerecht wird. Denn nun gilt es, den Mann zu jagen, ehe er das immer noch gefangen gehaltene Mädchen töten kann. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, in dem Na Hong-jin geschickt zwischen Zuhälter, Mädchen und Killer hin- und herspringt.
Was "The Chaser" vor allem auszeichnet, ist sein Gefühl für Orte und Atmosphäre, ein topografisches Gespür für den Verlauf dieser Jagd. In diesem überwiegend nächtlichen Seoul herrscht eine Verlorenheit, die nichts mit der gefälligen Stilisierung zu tun hat, zu der das Genre gerne neigt. An diese Stimmung aus Neonlicht, feuchten Straßen und kaltem Rauch wird man sich noch länger erinnern.