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Film „Stasikomödie“ : Das Lachen der Anderen

„Police Academy“ Ost (von links): Karl Schaper, Eric Spiering, Christopher Nell, David Kross und Henry Hübchen in „Leander Haußmanns Stasikomödie“ Bild: Constantin Film

War doch alles nur halb so wild und irgendwie auch ganz lustig – mit dem Film „Leander Haußmanns Stasikomödie“ beendet der Regisseur seine DDR-Trilogie, die vor mehr als zwanzig Jahren mit „Sonnenallee“ begann.

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          Ist das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, wenn einen schon der Titel stolpern lässt? „Leander Haußmanns Stasikomödie“ – gibt es denn so viele andere Stasikomödien, dass Verwechslungsgefahr besteht? Ist nicht „Stasikomödie“ in der Kombination mit dem Autor und Regisseur eine wenig brauchbare Gattungsbezeichnung, weil womöglich gar keine anderen Exemplare dieser Gattung existieren? Es hieß ja 2005 auch nicht „Leander Haußmanns NVA“, und es war nicht seine „Sonnenallee“ (1999). Autobiographisch ist der Schlussfilm der DDR-Trilogie ebenso wenig, denn der 1959 geborene Haußmann leistete zwar in der NVA seinen Wehrdienst, aber im Gegensatz zu manchen anderen war er nicht für die Staatssicherheit tätig.

          Peter Körte
          Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

          Vielleicht war der Titel eine Verlegenheitslösung, das kann schon mal passieren. Passiert sogar häufiger, wenn man sich andere Filmtitel ansieht, die nur so tun, als hätte da jemand einen Idee gehabt. Es geht ja auch ganz gut los. Da steht ein junger Mann an einer roten Fußgängerampel in einem Wohngebiet. Kein Auto, keine Passanten weit und breit. Er bleibt stehen, liest zum Zeitvertreib in Jack Kerouacs „Unterwegs“. Die Ampel ist immer noch rot. Er bleibt stehen. Ein Fall von pathologischem Gehorsam – das freut die Überwacher in der Stasi-Zentrale, die genau diese Ampel observieren. Ein Prachtexemplar für den Dienst am Arbeiter-und-BauernStaat.

          Ein ostalgischer Abend

          Leider geht es nicht ganz so lustig weiter. Auf die Plattenbauwelt folgt erst mal der Prenzlauer Berg der Gegenwart. Der erfolgreiche Schriftsteller Ludger Fuchs (Jörg Schüttauf) hat seine Stasi-Akte geholt, Frau und erwachsene Kinder freuen sich schon auf einen ostalgischen Abend, weil Fuchs eine Ikone des Widerstands gegen das Regime ist. Der schöne Abend ist schnell vorbei, weil sich in der Akte ein sehr eindeutiger Brief einer Frau findet, aus einer Zeit, in der Fuchs schon mit seiner Ehefrau zusammen war. Genervt verlässt er die Wohnung. An einer Ampel stehend, wird er wieder zu dem jungen Mann (David Kross) an der ewig roten Ampel.

          Es ist bezeichnend für Leander Haußmanns Sichtweise, dass sich schon in den ersten fünf Minuten der Blick vom Politischen aufs Amouröse verschiebt. Das Ganze ist eher eine Stasiromanze als eine -komödie. Da steht ein argloser junger Mann zwischen zwei Frauen, aber nicht zwischen Gehorsam und Subversion. Das muss nicht unbedingt verkehrt sein, weil sich komödiantische Effekte in beiden Konstellationen entwickeln könnten. Es wäre bloß ganz hilfreich dabei, wenn man sich nicht am Ende leicht ratlos fragte, was genau das denn nun mit den Arbeitsweisen der Stasi zu tun hat.

          Haußmann setzt zunächst auf eher brachialen Humor. Ludger wird rekrutiert, als sein Führungsoffizier hat Henry Hübchen die Lizenz zum Dauerchargieren. Und die Kollegen wirken wie eine Versammlung von Volltrotteln mit Backpfeifengesichtern, fiesen Schnauzern und schlecht sitzenden Uniformen. Eine Art sozialistische „Police Academy“. Kein noch so mottenzerfressener Einfall ist dem Film fremd. Beim ersten Einsatz muss Ludger sich allen Ernstes vor dem Ehemann der Observierten im Schrank verstecken. Und auf einem Zettel an der Wohnungstür steht: „Schlüssel unter der Matte“. Seit Heinz Erhardt haben wir nicht mehr so gelacht.

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