Filmkritik „The Suicide Squad“ : Sag Hai zu Rambo
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Nehmen Aufstellung: die Damen und Herren vom „Suicide Squad“. Bild: AP
Er macht Silvester Stallone zum Gott und der Psychopathin Harley Quinn eine Liebeserklärung: Regisseur James Gunn drechselt mit der Comic-Verfilmung „The Suicide Squad“ neue Windungen ins Actiongenre.
Es gibt subtile Filmmittel, um Zuschauern klarzumachen, dass hinter einer gezeigten Handlung nicht alles so ist, wie es scheint. Wer James Gunns letzten großen Erfolg, das Marvel-Superhelden-Spektakel „Guardians of the Galaxy 2“, gesehen hat, weiß: Dieser Regisseur hält nicht viel von Subtilität. Und so zieht er in „The Suicide Squad“ gleich in der ersten Szene den Zuschauern den Boden unter den Füßen weg. Zu Johnny Cashs „Folsom Prison Blues“ taucht vor blauem Himmel ein Gesicht auf, umrahmt von langem schlohweißen Haar. Gerade als dazwischen der gelangweilte Blick eines Mannes sichtbar wird, begibt sich die Kamera auf Achterbahnfahrt und dreht um 180 Grad. Der freie blaue Himmel war nur Spiegelung in einer Pfütze, der Mann sitzt umschlossen von Gefängnismauern im Sonnenfleck eines kleinen Innenhofs und treibt mit einem Gummiball tödliche Spiele mit Vögeln. So doppelbödig geht es im Rest des Films weiter; niemals sollte man sich darauf verlassen, dass eine Figur die Wahrheit sagt oder, nur weil sie prominent ist, länger als zehn Minuten überlebt. Gunn drechselt hier genüsslich einige neue Windungen in das alte Holzei des Actionfilmgenres.
Den klassischen Ablauf, ein Team für eine selbstmörderische Mission zusammenzustellen, die die Welt retten soll, rafft er auf wenige Minuten. Da sitzt der weißhaarige Mann namens Savant (Michael Rooker) auch schon mit einem guten Dutzend anderer Krimineller, darunter einem Killer-Wiesel und der fröhlichen Psychopathin Harley Quinn (Margot Robbie), in einem Militärhubschrauber, um zur Karibikinsel „Corto Maltese“ (der Name spielt auf einen sehr wichtigen europäischen Comic von Hugo Pratt an, der die größtmögliche Distanz zum amerikanischen Superhelden-Genre hält) zu gelangen, wo bei einem Militärcoup ein bislang von Amerika gestützter Diktator samt Familie ums Leben kam. Der Auftrag lautet, die Insel zu sichern, aber auch das ist nur Tarnung, wie sich schnell herausstellt. Überwacht wird der Einsatz von der skrupellosen Amanda Waller. Viola Davis spielt die Geheimdienstchefin mit eiskalten Blicken, die tödlicher scheinen als die Killer, denen sie in der weitentfernten Einsatzzentrale im Belle-Reve-Hochsicherheitsgefängnis Befehle ins Mikro brüllt. Natürlich treibt auch sie ein doppeltes Spiel mit dem Team.
Liebeserklärung an Harley Quinn
Über die waghalsigen inhaltlichen Wendungen vergisst man glatt, dass der Filmzweig des Comicverlags DC erst vor fünf Jahren einen Film über ein lose zusammengewürfeltes Antihelden-Ensemble gedreht hatte, das in einem Selbstmordkommando versucht, die Welt zu retten und ebenfalls den Titel „Suicide Squad“ trug. Gunn stellt nun augenzwinkernd noch einen Artikel vor den Titel und macht seinen Lieblingsfiguren aus dem Vorgängerfilm kurze Liebeserklärungen – Harley Quinn darf aus einem Gefängnis ausbrechen und ein rotes Tüllkleid als Waffe benutzen, statt Kugeln explodieren Disney-Prinzessinnen-Blüten. Für sein Hauptteam holt Gunn aus den Tiefen des DC-Universums ein paar Randfiguren, denen er Fleisch auf die dünne Vorlage gibt. Dafür geht er manchmal sogar kurz vom Gaspedal, mit dem der Film durch seine 132 Minuten rast.