Kinovorschau : Durchweht vom Atem der Geschichte
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Autsch: Ben Stiller in „Voll auf die Nüsse” Bild: AP/Fox Film
Ein Meisterwerk von Almodóvar, die dritte „Heimat“ von Edgar Reitz, Meg Ryan im Bett mit einem Killer, Denzel Washington als Rächer, ein Hai-Thriller und eine Komödie über Völkerball: die neuen Kinofilme dieser Woche.
Ein Meisterwerk von Almodóvar, die dritte „Heimat“ von Edgar Reitz, Meg Ryan im Bett mit einem Killer, Denzel Washington als Rächer, ein Hai-Thriller und eine Komödie über Völkerball: die neuen Kinofilme dieser Woche.
La Mala Educación - Schlechte Erziehung
Drama, Spanien 2004. Pedro Almodóvar hat es wieder einmal geschafft, das Kino zum Instrument seiner Obsessionen zu machen. Angel, so nennt sich der ehrgeizige Junge, der eines schönen Tages im Jahr 1980 in das Büro seines ehemaligen Klassenkameraden und jetzigen Filmregisseurs Enrique gestürmt kommt. Er sei Schauspieler und suche eine Rolle, sagt Angel zu Enrique, und außerdem habe er eine Erzählung geschrieben, „Der Besuch“. Enrique stellt fest, daß er darin eine der Hauptfiguren ist.
Es geht um die Liebe zwischen zwei Schuljungen, Enrique und Ignacio, und um den bösen, kinderschänderischen Padre Manolo, der sie zerstört. Viele Jahre später kehrt Ignacio, der inzwischen als Transvestit auftritt und sich Zahara nennt, an den Ort seiner Leiden zurück, um erpresserisch Rache zu nehmen.
Der Film ist wie ein Kaleidoskop gebaut, in dem das erzählende Auge frei zwischen den Zeiten und Räumen hin und her zu springen scheint, mit einer Leichtigkeit, die es sonst nur in Träumen gibt. Jede dieser Erzählungen funktioniert auch ganz für sich, und doch ergeben sie zusammen ein neues Ganzes, das mehr ist als die Summe seiner Teile, ein Wunderwerk der filmischen Konstruktion. Mit Gael García Bernal, Fele Martinez und Daniel Gímenez Cacho.
Heimat 3
Drama, Deutschland 2004. In dem Hunsrückdorf Schwabbach hatte Edgar Reitz in „Heimat“ die Geschichte des Jahrhunderts aufgerollt, die sechziger Jahre wurden in der zweiten „Heimat“ in München verhandelt, und der Abschluß seiner Trilogie trägt nun den Untertitel „Chronik einer Zeitenwende“. Ist ja auch verdammt viel passiert seit 1989. Und Reitz fühlt sich berufen, das alles aufzuarbeiten, hat immer das große Ganze im Blick, auch wenn er gern so tut, als wollte er es auf Menschenmaß zurückschrauben.
In Wahrheit sind alle seine Figuren so besoffen von der eigenen Bedeutsamkeit, daß sie kaum einen geraden Satz herausbringen. Sie kommen fast nicht zum Atmen, weil sie dauernd vom Odem der Historie durchweht werden. Es gibt immer noch einen wunderbaren Sinn für Topographie, eine Vernarrtheit in die Landschaft, die ganz selten ist im deutschen Kino, aber in seiner Versessenheit, das Große im Kleinen zu spiegeln, verliert Reitz völlig aus den Augen, daß im Mittelpunkt immer noch Menschen stehen. Mit Henry Arnold, Salome Kammer und Michael Kausch.
In the Cut
Thriller, Vereinigte Staaten/Australien 2004. Jane Campion will in diesem Thriller ausprobieren, wieviel erzählerische Energie in den vertrauten Mustern steckt, wenn man die Blickrichtung umdreht - von dem männlichen Helden auf sein Objekt, die Frau. Frannie, Mitte Dreißig, beobachtet in einer Bar, wo sie sich mit einem ihrer Studenten trifft, eine Fellatio, bei der die Frau durch auffällige Fingernägel, der Mann durch ein Zeichen am Unterarm markiert ist.
Später erfährt sie, daß die Frau auf grauenhafte Weise ermordet wurde. Das Zeichen entdeckt sie am Arm von Detective Malloy (Mark Ruffalo), der die Tat aufklären soll. Aber da war Frannie schon mit Malloy im Bett. Je länger „In the Cut“ dauert, desto deutlicher wird sichtbar, daß Meg Ryan als Frannie den Film nicht tragen kann, daß ihr der Mut fehlt, ganz aus sich herauszugehen, und ihre Verlorenheit in dieser Geschichte nicht nur gespielt ist. Mit Mark Ruffalo, Jennifer Jason Leigh und Kevin Bacon.
Open Water