Kino : Blondkehlchen: Scarlett Johansson verzückt Venedig
- -Aktualisiert am
Die Königin von Venedig: Scarlett Johansson Bild: dpa
Scarlett Johansson ist einundzwanzig und gehört schon zu den bestbezahlten Schauspielerinnen Hollywoods. Ihre Stimme läßt Eiswürfel schmelzen, ihre körperliche Präsenz ist erstaunlich. Ein Porträt.
Man denkt immer, solche Mädchen fallen vom Himmel. Aber Scarlett Johansson hat ihre Karriere mit stählerner Energie betrieben. Mit sieben Jahren sprach sie mit ihrem Zwillingsbruder Hunter für Auftritte in Werbespots vor, mit acht stand sie zum ersten Mal auf einer New Yorker Bühne, zusammen mit dem schon damals berühmten Ethan Hawke. Mit neun besuchte sie das von Lee Strasberg gegründete „Theatre Institute for Young People“. Nebenbei ging sie auf eine private Highschool für schauspielernde Kinder. Daß sie erst mit achtzehn entdeckt wurde, als sie in Sofia Coppolas „Lost in Translation“ die gelangweilte Frau eines reisenden Fotografen in Tokio verkörperte, ist jedenfalls nicht Scarletts Schuld. Vergessen wir also das Märchen vom Aschenputtel in Hollywood.

Feuilletonkorrespondent in Berlin.
Trotzdem ist Scarlett Johansson ein Naturtalent. Sie hat eine Stimme, bei deren Klang die Eiswürfel in den Whiskygläsern schneller schmelzen, und eine körperliche Präsenz, über die sie manchmal selbst erstaunt ist, besonders, wenn ihr Ausschnitt „in der Größe eines Brontosaurus“ (Johansson) auf einem Poster am Sunset Boulevard leuchtet. Ihr Haar war nicht immer so blond wie heute, aber der platinschimmernde Marilyn-Monroe-Look steht ihr gut. In Woody Allens „Match Point“, wo sie eine erfolglose amerikanische Schauspielerin in London spielt, läuft sie mit diesen Haaren durch einen englischen Park. Es regnet, Jonathan Rhys Meyers, der sich in sie verguckt hat, läuft ihr nach, die beiden stehen klatschnaß im Gras, dann fallen sie übereinander her. Es ist eine der überzeugenderen Liebesszenen im Kino der letzten Jahre (siehe auch: Video-Filmkritik: Woody Allens „Match Point“).
Mehr kann man sich nicht wünschen
Scarlett Johansson, die mittlerweile einundzwanzig ist, gehört schon jetzt zu den bestbezahlten Schauspielerinnen Hollywoods. Sie wirbt für Calvin Klein, Louis Vuitton und Reebok, und als sie mit ihrer englischen Kollegin Keira Knightley nackt für ein Cover von „Vanity Fair“ posierte, machten die Klatschreporter Überstunden. Der Einsatz ihrer polnischstämmigen Mutter, die sie seit vierzehn Jahren als Managerin betreut, und ihres in Dänemark geborenen Bauunternehmer-Vaters hat sich also gelohnt. Beim Festival von Venedig, wo Johansson als Hauptdarstellerin von Brian De Palmas „Black Dahlia“ auftritt (siehe auch: Brian De Palmas Meisterwerk „Black Dahlia“ eröffnet Venedig), beschwerten sich Kritiker bei der Pressekonferenz zum Film allen Ernstes, ihr Sex-Appeal lenke sie von der Story ab. Mehr kann sich ein Hollywoodstar eigentlich gar nicht wünschen.
Daß sie dennoch weiter Filme mit Woody Allen dreht (zuletzt „Scoop“, der im November bei uns ins Kino kommt), spricht für Scarlett Johanssons Instinkt. Wer nur Mainstream-Kino macht, gehört bald auch nicht mehr zum Mainstream. In Michael Bays „Die Insel“ verkörperte Johansson im vergangenen Jahr den Klon eines Filmstars, der im Sterben liegt. Aber die Geklonte sah ihr Original immer nur auf Plakaten, die Begegnung mit der Doppelgängerin fand nicht statt. Möge Scarlett Johansson die Erfahrung, austauschbar zu sein, auch weiterhin erspart bleiben.