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Kinofilm „Seneca“ : Der Einflüsterer der Dekadenz

  • -Aktualisiert am

Wo ist denn dein Bart, hast du etwa gar keinen? Samuel Finzi als Statius (links) rückt John Malkovich als Seneca auf die Pelle. Bild: dpa

Das Kinodrama „Seneca“ vergleicht die römische Antike mit der Gegenwart. Aber das ist nicht die größte Stärke des Films.

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          Unter den Errungen- und Hinterlassenschaften des Alten Rom ist die Alliteration nicht die geringste. Wer heute rhetorisch etwas auf sich hält, vom Fußballkommentator bis zum Büttenredner, wird die Laute ab und zu so in Paradeformation bringen, dass sich ein verführerischer Gleichklang einstellt. Zum Exempel: „Seneca was a Senator“. Das sind die ersten Worte des Films „Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben“ von Robert Schwentke. Man könnte auch sagen: Seneca war ein Vorderbänkler im römischen Senat, aber das wäre schon ein bisschen weitschweifig, es hätte nicht die Klarheit, die in der Gleichsetzung der beiden Begriffe mitschwingt.

          Andererseits führt die identitätslogische Suggestion, die „Seneca was a Senator“ transportiert, auch in eine falsche Richtung. Denn Seneca, die historische Persönlichkeit (1 vor bis 65) und die Filmfigur, waren und sind ja viel mehr als ein römischer Senator. Theaterdichter, Nobelhöfling, Redenschreiber, ein Lebenslehrer („life coach“), der den Stoizismus auf Vordermann brachte. Robert Schwentke hat Seneca nun wohl ein für alle Mal das Gesicht des amerikanischen Schauspielers John Malkovich übergestülpt, der den antiken Antihelden in eine Gegenwart holt, für die man ein weiteres Modewort aus dem Imperium Romanum bemühen muss: Dekadenz.

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