Interview : Sind Sie ein Weltverbesserer, Herr Washington?
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Punching bag. Oder Sandsack.
Nein, ich meine, wie hieß der Film bei euch?
Wie bei Ihnen: „Crimson Tide“. Gefällt es Ihnen, auf der Leinwand den Helden zu spielen?
Ja, das gefällt mir. Die Recherche gefällt mir. Tony (Scott, der Regisseur von „Déjà Vu“, d. Red.) und ich haben das gemeinsam. Man lernt ungeheuer viel, man bekommt neue Zugänge zu der Figur, zum Drehbuch. In „Déjà Vu“ oder wie immer die Franzosen das aussprechen . . .
Dee-scha wü.
Ja, wü, genau. Was wollte ich sagen? Ach ja, der Film. Als ich mit Jerry Rudden, dem Experten vom ATF, am Drehbuch arbeitete, hat er mir gesagt, daß er immer eine Zahnbürste bei sich trägt. Am Tatort bekommt er oft keinen Schlaf, also hält er sich wach, indem er Zähne putzt. Das habe ich in den Film reingenommen: In einer Szene putze ich mir die Zähne. Jerry hat mir gezeigt, wie man nach Sprengstoffspuren sucht. Für „Inside Man“ habe ich mit FBI-Leuten trainiert.
Und wie haben Sie sich auf „John Q“ vorbereitet, den Film, in dem Sie einen Mann spielen, der die Ärzte eines Krankenhauses als Geiseln nimmt, um eine Herztransplantation für seinen Sohn zu erzwingen?
Ich ging in einer Fabrik arbeiten! Ich machte genau den Job, den ich im Film mache.
Wie schaffen Sie das, sich als Hollywood-Superstar unters normale Volk zu mischen?
Es läuft immer gleich: Am ersten Tag kommen sie alle zu dir, sind aufgeregt, wollen dir die Hand schütteln. Am nächsten Tag heißt es schon, komm her, nimm das, erledige das. Die Leute gewöhnen sich schnell daran.
Ist es für Sie ein Lustgewinn, in die Normalität einzutauchen?
Es gehört zu meinem Beruf. Als ich „Die Akte“ drehte, ging ich in die Redaktion der „Washington Post“. Ich lief mit den Top-Journalisten herum, Bob Woodward und ein paar anderen. Das ist das Tolle an meinem Job: Du lebst viele verschiedene Leben.
Welches andere Leben würden Sie denn gerne noch leben? Vielleicht das des Präsidenten der Vereinigten Staaten?
Oh, ich weiß nicht. Vielleicht. Ich lasse mich gern von einem Skript überraschen. Ich mag es, mich hinzusetzen und von einer Geschichte mitnehmen zu lassen. Selbst Stoffe zu entwickeln liegt mir weniger. Sobald eine Story fertig ist, hast du die Nase voll davon.
Welche Geschichte möchten Sie denn gern erzählen?
Ich habe die Rechte an einer Biographie von Sammy Davis jr. gekauft, die ich vielleicht produziere, bei der ich womöglich sogar Regie führe. Aber ich werde in dem Film nicht mitspielen. Ich kann nicht Sammy Davis jr. sein. Ich kann weder singen noch tanzen.
Eine Ihrer größten Rollen ist die des korrupten Polizisten Alonzo in „Training Day“. Sie machen ihn so sympathisch, daß man eine halbe Stunde braucht, um zu merken, daß er der Bösewicht in der Geschichte ist. Wie bekommen Sie das hin, diese Ambivalenz?
Ich spiele einfach die Rolle. Es gibt keine Good-guy- und Bad-guy-Technik. Niemand ist ausschließlich gut oder böse. Er war Ihnen also sympathisch, Alonzo?
Eine Zeitlang, ja.
Dieser Kerl war schrecklich!
Er war ungefähr so, wie man sich einen Cop in Los Angeles vorstellt.
Das sagen Sie.
Welche Rolle spielt die Rassenfrage für Sie? Als „Die Akte“ ins Kino kam, hieß es, Sie hätten Julia Roberts nicht küssen wollen, weil Sie nicht in einer gemischtrassigen Liebesgeschichte mitspielen wollten.