
Bilder, die das Grauen der Welt erfassen
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Auch Paul (Felix Kammerer) taugt nicht zum Helden: Er ist einfach nur dabei, und stirbt 1918 einen sinnlosen Tod in den letzten Kriegsminuten. Bild: dpa
Der deutsche Kinofilm „Im Westen nichts Neues“ zeigt das sinnlose Sterben und die zynische Kriegsmaschinerie: Deshalb ist er der Film der Stunde. Weil er es anders macht als Hollywood.
Seit es das Kino gibt, wird darüber gestritten, was den Kriegsfilm vom Antikriegsfilm unterscheidet. Dass eine solche Unterscheidung gar nicht möglich sei, war die berühmte Antwort François Truffauts. Jede filmische Narration zielt auf Identifikation mit Helden und Spannungsbögen ab, deshalb zeigt ein Kinowerk, das sich ins Schlachtengetümmel stürzt, den Krieg immer auch als Abenteuer und Spektakel. Da kann die Absicht noch so antimilitaristisch sein. Sam Fuller übertrumpfte den Regiekollegen sogar noch mit der drastischen Forderung, ein Antikriegsfilm verdiene die Bezeichnung überhaupt nur, wenn Soldaten hinter der Leinwand aufs Publikum schössen. Andernfalls könne der Zuschauer die Angst des Soldaten niemals erfühlen.
Der mit vier Oscars ausgezeichnete Film „Im Westen nichts Neues“ von Edward Berger widerlegt das Truffaut’sche Diktum trotzdem. Denn während etwa Steven Spielbergs Hollywood-Epos „Der Soldat James Ryan“ über den Zweiten Weltkrieg in die beschriebene Falle läuft, das Grauen auf dem Schlachtfeld zwar zu visualisieren, zugleich aber den Krieg als solchen metaphysisch zu heroisieren – und der Kampf gegen Nazi-Deutschland war sogar moralisch zu rechtfertigen –, verhält es sich bei Bergers deutschem Beitrag über den Ersten Weltkrieg anders. Seine zweieinhalb quälenden Filmstunden halten keinen erlösenden Gedanken mehr parat.
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